Bühnen gründen ein neues Ministerium
Im Kleinen Schauspielhaus geht es politisch zur Sache: „Das Ministerium“ beleuchtet das Thema Migration. Regisseurin Jenke Nordalm feiert am 12. Januar Premiere.
Was Jenke Nordalm in die Hand nimmt, ist nicht leicht zu fassen:
„Das Thema ist wie ein nasses Stück Seife — und muss immer wieder neu betrachtet werden.“
Genau das möchte die Regisseurin versuchen — nicht zum ersten Mal. Das Thema Migration begleitet Nordalm, seitdem sie in Wuppertal Theater macht. In der Spielzeit 2009/2010 hat sie eine Zuwanderergeschichte erzählt und „Eleni“ im Kleinen Schauspielhaus in Szene gesetzt. Eine Saison später folgte „Das goldene Vlies“ im Opernhaus. Unterstützung erhielt sie in beiden Fällen von männlicher Seite: Kai Schubert feilte am Text, während die Regisseurin nach den passenden Bildern suchte.
Auch diesmal ist Schubert wieder mit dabei: „Das Ministerium“ heißt sein aktuelles Stück. Womit auch schon klar sein dürfte, dass es bei der ersten Premiere im neuen Jahr politisch zur Sache geht: Im Kleinen Schauspielhaus eröffnen die Wuppertaler Bühnen ein Ministerium für Migration. Wenn die Amtsstube am 12. Januar um 20 Uhr ihre Pforten öffnet, schicken Nordalm und Schubert drei Frauen und ein Mann ins Rennen: Juliane Pempelfort, Anne-Catherine Studer, Julia Wolff und Thomas Braus suchen nicht weniger als eine Lösung zur Bewältigung aller Probleme mit der Zuwanderung.
Wobei die Regisseurin hofft, dass die vier Schauspieler bei dieser durchaus ernst gemeinten Mission für allerlei Heiterkeit sorgen: „Es wird eine Gratwanderung“, erklärt Nordalm. Was sie damit meint? Dass ein ernsthaftes Thema in einer „teilweise surrealen Spielsituation“ auf die Bühne kommt. Denn die stereotypen Figuren haben Entscheidendes gemeinsam: „Sie sind perfektionistisch, verlieren im Elfenbeinturm aber den Blick nach außen. Sie scheitern an ihren eigenen Ängsten, Neurosen, Vorurteilen.“
Bis es so weit ist, wird in sehr spezieller Weise kommuniziert: „Der Text besteht aus vielen Wortkaskaden, um die die Figuren kreisen“, sagt Nordalm. „Jeder versucht, seine Position durchzusetzen.“ Am Ende gibt es ein „fröhliches Aneinander-Vorbei-Reden und Halb-Verstehen“.
Während es bei „Eleni“ eine konkrete Handlung gab, trage der Text diesmal „Jelinek-Züge“, wie Dramaturg Oliver Held betont. Absurd dürfte es also werden. Mitunter auch zynisch und böse, wie die Regisseurin ankündigt: Was sich auf der politischen Bühne abspielt, „geht ins Groteske“.
Wie das Team überhaupt darauf gekommen ist, ein Ministerium an der Kluse anzusiedeln? „Bei ,Eleni’ und dem ,Vlies’ haben wir Einzelschicksale erzählt“, sagt Held mit Verweis auf das Prinzip „Pars pro toto“. Nun, bei der dritten Zusammenarbeit, wolle man die Deutschen selbst zum Thema machen. Und damit auch die Frage: „Wieso machen Deutsche das Fremde so gerne zum Thema?“ Auch für Jenke Nordalm war der Weg zum Ministerium nur konsequent. Bei den ersten beiden Produktionen habe man das Fazit ziehen können, „dass das Problem von einem Staat strukturell gelöst werden muss. Nun zeigt sich aber: Es ist gar nicht strukturell zu lösen.“ So bietet das 90-minütige Stück keine Patentlösung, aber vermutlich reichlich Diskussionsstoff.