Eine App erklärt jetzt die Oper
Besucher bekommen während der Opernaufführung Erläuterungen und Hintergrundinfos auf ihr Handy — erstmals bei der Wiederaufnahme von Verdis Rigoletto.
In großen Häusern hat das In-ternet in Form von Live-Streams längst Einzug gehalten. Man muss nicht mehr etwa in die Berliner Philharmonie, auf den grünen Hügel in Bayreuth oder in die Wiener Staatsoper gehen, um Vorstellungen zu besuchen. Nach Hause oder ins Kino werden sie live übertragen. Bei den Wuppertaler Bühnen ist solches noch nicht möglich. Denn dafür reicht der Etat bei Weitem nicht. Hard- und Software sowie deren Pflege sind eben nicht billig.
Doch die Wuppertaler Oper hat einen anderen Weg gefunden, der weltweit einmalig ist. Sie hat sich von der Informatikabteilung der Wiener Universität eine App fürs Smartphone entwickeln las-sen, die man während der Auf-führungen benutzen kann. Zum ersten Mal konnte man sie während der Wiederaufnahme von Giuseppe Verdis Oper „Rigoletto“ aktivieren.
Wer seinen Platz in den Reihen in Reihe 12 im Parkett oder im ersten Rang gefunden hat, geht mit seinem Smartphone oder Tablet ins Internet. Kostenloses W-Lan steht dort zur Verfügung. Falls nicht bereits im Vorfeld schon geschehen, lädt man sich dort die App „operaguru“ aus den Stores von Google oder Apple herunter. Das geht schnell, und schon ist man drin. Ein geschlossener roter Bühnenvorhang erscheint. Wenn es losgeht mit der Handlung, werden fast minütlich Mitteilungen aufgespielt. Locker ist die deutsche Sprache, die die Aktionen auf der Bühne allgemein verständlich erläutert. Die übliche Übertitelung der ins Deutsche übersetzten Gesangstexte benötigen die Internet-User nicht mehr. Der Kopf braucht nicht mehr angehoben zu werden, um sie über der Bühne zu lesen.
Hintergrundinfos gibt es auch zwischendurch. Sänger werden vorgestellt, hinter die Kulissen wird geschaut, der Dirigent in Aktion wird dargestellt. Wird während des ersten Teils eifrig gepostet, gibt es in der Pause ein Freigetränk. Ein Quiz wird angeboten. Eine Powerbank kann gewonnen werden. Auch das Knipsen ist erlaubt, um die Bilder an die sozialen Netzwerke zu verschicken. Ist alles vorbei, erscheint ein netter Abschiedsgruß auf den Schirm: „Applaus! Schön, dass du dabei warst!“
An alles ist gedacht. Hat man beispielsweise vor dem Date vergessen, den Akku zu laden, keine Sorge. An der Garderobe gibt es gegen Pfand oder zum Kaufpreis von 10 Euro eine aufgeladene Powerbank. „Share Your Opera“ nennt sich das neue System. Laut Opernintendant Berthold Schneider sollen damit Hemmschwellen und Vorurteile hinsichtlich des Musiktheaters abgebaut werden. Auch soll die junge Generation angelockt werden, die oft anderes im Sinn hat.
Der Start funktionierte jedenfalls einwandfrei. Für Leute, die von Opern keine Ahnung haben dennoch wissbegierig sind, ist diese Methode eine sinnvolle Hilfe, einen unkomplizierten Zugang zu finden. Sekundärliteratur muss nicht mehr unbedingt im Vorfeld zurategezogen werden.
Übrigens: Dieser am Samstag in der Parkett-Reihe 12 besuchte „Rigoletto“ ist genauso sehens- und hörenswert wie bei seiner Premiere am 9. April dieses Jahres. Ein Besuch - ob mit oder ohne Smartphone - lohnt sich also nach wie vor. Nicht von ungefähr wurde diese Produktion von der Kritik zur besten Inszenierung unter der Regie von Timofej Kuljabin in NRW der vergangenen Spielzeit gekürt.