Theater Eine zauberhafte, fremde Welt entdecken
Glanzstoff.Studio begeistert mit seiner Premiere von „Der kleine schwarze Fisch“.
Freiheit, Grenzenlosigkeit - Ideale, die zum Menschsein gehören. In der Realität scheitert ihre Umsetzung nur allzu oft an irdischen Zwängen und Ängsten, die selbst gemacht sind oder durch die Mächtigen dieser Welt. „Der kleine schwarze Fisch“ ist ein Märchen, das davon handelt, aufzeigt, dass man sie nicht hinnehmen muss, sondern sich ihnen stellen, sie hin und wieder auch überwinden kann. Dass kleine Fische große Fische bezwingen können. In Wuppertal bringt die Glanzstoff-Akademie der inklusiven Künste in Kooperation mit dem Schauspiel die Geschichte auf die Bühne im Engelsgarten. Eine Aufführung mit viel Zauber, vielschichtiger Nachdenklichkeit und einer großen Leistung. Die Premierenbesucher am Wochenende feierten die Akteure des inklusiven Theaterstücks.
Der kleine schwarze Fisch hat Langeweile und Fernweh. Er will wissen, wo das Ende des Baches ist, in dem er, seine Mutter und die anderen Fische tagein, tagaus hin und her schwimmen. Er setzt sich über Bedenken und Belehrungen hinweg, macht sich auf eine Reise mit vielen Begegnungen und Erfahrungen, mit Gefahren und schönen Erlebnissen, die das Heimweh überdecken. Eine Geschichte ohne Happy End, weil er durch seinen Mut zwar anderen Fischen die Freiheit bringt, selbst aber auf der Strecke bleibt. Und doch die Hoffnung weitergibt, dass jemand unter den vielen Fischen ihm folgt.
Der iranische Schriftsteller Samad Behranghi hat das persische Märchen 1968 für Kinder geschrieben und dabei auch die Erwachsenen im Blick gehabt. Mit seinem (politischen) Drang nach Freiheit verscherzte er es sich mit den Mächtigen im damaligen Regime des Schah. Die Folge: Er ertrank im September 1968 in einem Fluss. Sein Tod wurde niemals geklärt. Der neue künstlerische Leiter der Glanzstoff Akademie, Bardia Rousta, erfahren in Projekten mit Flüchtlingen und Behinderten, brachte die Erzählung mit nach Wuppertal - machte sein Wunschstück zur Basis seiner ersten Inszenierung. Mit Feingefühl und beeindruckenden Bildern.
Phantasievolle Kostüme und beeindruckende Bilder
Der Weg zum dunkelroten Plüschsessel, einziges Möbel auf der Bühne, ist weit. Besonders wenn man alt ist, eine überdimensionierte Flosse hinter sich herzieht und ein schweres Märchenbuch trägt. Es dauert, bis Großmutterfisch (Nora Krohm), die das Märchen vorliest, Platz genommen hat und die Handlung beginnen kann. Diese wird in einen wunderbaren, einfühlsamen, live gespielten Klangteppich (inklusive zweier Lieder) eingebettet, für den Svea Kirschmeier verantwortlich zeichnet. Stimmungen und Unterwasser-räume erzeugt zudem gekonnt das Licht. So „karg“ das Bühnenbild, so phantasievoll, farbenfroh und kreativ die Kostüme. Die insgesamt 14 Akteure tragen überdies skurrile Perückenaufbauten, die mal an Rokkoko, mal an Punk erinnern, Flossen oder Zacken integrieren. Es macht Spaß, sie anzusehen und ihnen zu zusehen.
Vor allem aber überzeugt die Leistung des Ensembles des Glanzstoff.Studios (Aline Blum, Andrea Lück, Annette Nádas, Diana Staub, Gudrun Winkler, Sophie Müller, Wolf Dietrich, Merle Egger, Patrick Wengler, Merlin Roemer, Lioba Ullrich, Sabrina Kaminski) mit dem kleinen schwarzen Fisch (Flora Li) im Zentrum. Es lohnt sich, sich in unbekannte Gewässer zu begeben, sich Fremdem zu öffnen, neugierig zu sein.
»Weiterer Termin: 18. Dezember, 18.30 Uhr. Karten: