Wuppertal Heiratsantrag beim Vollplaybacktheater
Im neuesten Fall gab es Altbewährtes, viel Neues - und eine romantische Überraschung.
„Wenn man will, kann man alles mögliche heraushören.“ Das sagt der Meisterdetektiv über den raunenden Moorwind beim Vollplaybacktheater, das am Freitag in der Rudolf-Steiner-Schule umjubelte Premiere feierte. Heraushören und hineinlesen freilich: Das war und blieb auch das kaum kopierbare Prinzip der Truppe – auch wenn sie sich mit „Sherlock Holmes und die Liga der außergewöhnlichen Detektive“ aus dem gewohnten Rocky Beach heraus traute. Motto: „Wir übernehmen uns auf jeden Fall.“
Die „Drei Fragezeichen“ also begründen Ruf und Ruhm der Wuppertaler; aber das Konzept, im Grunde eine eigene Kunstform, ist ja breiter und basiert eigentlich gerade auf dem Mix. Ein Assoziationsspektakel quer durch die Popkultur war das VPT immer, gestützt auf Einspieler vom Band, die in schrille Bühnenaktion übertragen und neu interpretiert wurden.
Justus Jonas verbübdet sich mit Sherlock Holmes
Das kann man nur feiern oder hassen, auch wenn sich jetzt Justus verbündet mit Sherlock Holmes und John Sinclair wie auch Kommissar Reynolds aus dem Fragezeichen-Kosmos. Der Mordfall um den „Hund von Baskerville“ gibt heute den Rahmen.
Auch bei der Neuausgabe wird jeder seine Lieblings-Momente haben. Dass der „Hund von Baskerville“ sich praktisch verbindet mit dem Werwolf bei Geisterjäger Sinclair, gehörte da noch zu den geringsten Überraschungen. Ein glücklicher Umstand muss gewesen sein, dass der bekannte Sprecher von Alfred Hitchcock in der Tat auch dem Schnüffler von der Baker Street die Stimme geliehen hat.
Beides wird zur Basis einer Mischung, in der wieder zahllose Elemente ihren Auftritt haben – Kino, Trends und Trivia. Harry Potter schneit herein, Miami Vice lässt grüßen, Gollum trifft die Moorsoldaten. Schön und spektakulär: Eine ungeahnte Verwandlung zum Transformers-Riesen „Optimus Prime“.
Ohne Respekt vor dem guten Geschmack
Auch etwas überzogen darf, nein, muss es eigentlich immer wieder mal sein: Früher sah man Justus gern schon mal auf dem Klo, heute gibt es Yoda beim Pinkeln. Das „Drüber“ ohne Respekt vorm guten Geschmack: Es gehört eben dazu. „Übernehmen?“ Klar, so soll es auch sein.
Bei den „???“ konnte man immer vermuten, dass ihre Fans ein sehr selbstironischer Menschenschlag sein müssen. Werden doch ihre Helden der Kindheit gnadenlos durch den Kakao gezogen, und soweit „Hommage“, ist die des VPT jedenfalls immer eine der wilderen gewesen. Zu hoffen, dass es bei Sherlock-Freunden ähnlich ist – dass der Meisterdetektiv und Justus heute gleichberechtigt auftreten, einander belehren und zurechtweisen, zeigt eigentlich: Es sind doch beides schreckliche Besserwisser… ein bisschen Erkenntnis im Klamauk.
Supa-Knut bat um die Hand seiner Freundin
Ein Teil der Premiere freilich ist unwiederholbar: „Supaknut“, Bastler und Masterbrain der Truppe, nutzte die Stunde, die Premiere an der Heimatfront, und machte seiner Freundin Alexandra einen Heiratsantrag. Da hörte man dann ausnahmsweise mal sehr gern die echte Stimme. Ansonsten ist auch der Holmes-Streich unterm Strich ein bewährter Spaß – wer’s nicht mag, halte es halt wie heute der verdatterte Kommissar Reynolds: „Kann mir irgend jemand erklären, was hier los ist?“ Nein, kann man nicht, konnte man nie, und das ist auch gut so.