Berufsmusiker Es ist der „schönste Beruf der Welt“ - auch wenn andere feiern

Interview Für Udo Mertens ist Weihnachtszeit Konzertzeit: Er ist Berufsmusiker.

Udo Mertens und seine Flöte gehören einfach zusammen. Besonders an Festtagen.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Er ist 54 Jahre alt, hat zwei erwachsene Kinder, ist Musiker mit Querflötenexamen. Und Udo Mertens spielt im Sinfonieorchester Wuppertal. Seit 32 Jahren, auch an Weihnachten und Neujahr. Sein Terminkalender ist vom 18. Dezember bis 1. Januar eng getaktet, kennt nur wenige freie Tage. Trotzdem sagt er: „Ich stehe dazu und freue mich darauf.“ Im Gespräch mit der WZ erklärt er diesen Satz und erzählt, wie er (dennoch) Weihnachten feiert.

Was bedeutet Ihnen Weihnachten?

Udo Mertens: Weihnachten heißt für mich Familie, Weihnachtsbaum, Gemütlichkeit - und Kampf mit den Kalorien.

Wie feiern Sie Weihnachten?

Udo Mertens: Zu Weihnachten kommen die Kinder, 23 und 25 Jahre alt, nach Hause. Wir haben einige Rituale. Am 22. wird der Baum geschmückt. Mein Sohn und ich kümmern uns ums Licht, meine Frau und meine Tochter um den Schmuck.

Gibt es ein besonderes Weihnachtsessen?

Mertens: Ja, ich koche, und meine Tochter achtet darauf, dass die Tradition gewahrt wird. Wir haben immer Lammkeule gegessen. Irgendwann hat meine Frau gesagt, dass sie eigentlich keine Lammkeule mag. Also hat die Familie nach etwas gesucht, was alle mögen, und ist auf Hackbraten gekommen. Meine Tochter hat dafür gesorgt, dass es jetzt beides gibt.

Wie wird gefeiert?

Mertens: Nach dem Essen und vor dem Geschenke auspacken wird natürlich musiziert. Meine Frau spielt am Klavier, und zwar Weihnachtslieder aus den Heften ihrer Kindheit. Mein Sohn singt und spielt Fagott, meine Tochter singt und spielt Cello und ich singe und spiele Flöte.

Ein Lieblingsweihnachtslied. . .

Mertens: . . . habe ich nicht. Mir sind alle lieb und wert.

Gibt es auch eine Arbeitstradition an Weihnachten?

Mertens: Ja, das Chorkonzert am 25. Dezember, da bin ich fast immer dabei, genauso bei fast allen Neujahrskonzerten.

Ein Opfer für Sie?

Mertens: Ich habe das immer gerne gemacht, denn ich habe den schönsten Beruf der Welt. Anderen Menschen eine Freude zu bereiten, ist unsere Aufgabe. Sie zu unterhalten, zum Nachdenken zu bringen, aus dem Alltag rauszuführen. Das geht natürlich nur in ihrer Freizeit und an Feiertagen. Außerdem habe ich frei, wenn andere arbeiten müssen. Ich muss mich nur anders organisieren, kann keine Abendtermine machen. Ich leide nicht darunter, ich mache das wahnsinnig gerne.

Sie haben sogar den Termin des Neujahrskonzerts des Sinfonieorchesters fixiert:

Mertens: Früher war das immer am ersten Sonntag im Januar. Ich habe vorgeschlagen, dass es immer am 1. Januar, 18 Uhr, stattfindet. Nicht zur Freude aller Kollegen. Dennoch ist es eine schöne Lösung, die bis heute Bestand hat.

Und was sagt die Familie?

Mertens: Die ist daran gewöhnt. Die Kinder hatten einen Papa, der oft zu Zeiten da war, an denen andere nicht zuhause sind. Sie hatten ordentlich viel Papa. Das war ihnen auch wichtiger.

Sind Konzerte an den Festtagen anders?

Mertens: Ja, es herrscht eine andere Stimmung. Das Programm ist natürlich auch anders. An Weihnachten wird oft Bachs Weihnachtsoratorium, an Neujahr oft Johann Strauß gespielt. In der Oper spielen wir Hänsel und Gretel und die gerade aktuellen Stücke.

Sie geben auch „privat“ Konzerte in der Weihnachtszeit.

Mertens: Am zweiten Advent organisiere ich seit 25 Jahren ein Benefizkonzert in Herzkamp für „Brot für die Welt“. Danach gibt es ein Kürbissuppenessen bei uns zuhause.

Wie war Weihnachten in Ihrer Kindheit?

Mertens: Mein Vater war Musiker bei den Berliner Philharmonikern. Ich kenne es also gar nicht anders, kenne kein richtiges Wochenende-Gefühl. Mein erstes Taschengeld, damals zwei DM, wollte ich an einem Sonntag ausgeben.

Dennoch sind Sie Berufsmusiker geworden.

Mertens: Ich wollte nie etwas anderes machen. Der Weg war schon da, ich musste nur loslegen.

Und Ihre Kinder?

Mertens: Die studieren. Mein Sohn wird Lehrer für Musik und Physik, singt außerdem in der Kurrende, meine Tochter wird Zahnärztin.