Wuppertal Skulpturenpark: Gefrorene Momente in Plexiglas

Bildhauer Mathias Lanfer spielt großformatig mit Material und Form. Eine Auswahl seiner Werke ist im Skulpturenpark zu sehen.

Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Wie schwerelos scheinen die großen milchig-weißen Blasen im Raum zu schweben. Erst auf den zweiten Blick ist ihre Verankerung zu erkennen: Sie wachsen aus schweren, roh geschmiedeten Eisenblöcken. Mathias Lanfer ist der Bildhauer, der so mit den Gegensätzen von Material und Form spielt. Und dessen Werke im Glaspavillon im Skulpturenpark derzeit eine luftige Arena erhalten — und die der Schnee im umliegenden Wald zusätzlich zum Leuchten bringt.

Der Künstler aus Heiligenhaus liebt den Prozess der Entstehung, der immer mit Unwägbarkeiten verbunden ist: „Überraschungen entstehen da, wo man sie erwartet“, betont der Künstler. Zwar plant er alles lange vor, doch die organischen Formen aus Plexiglas entstehen in nur wenigen Sekunden, wenn Pressluft die Blase aus einem Rahmen wölbt: „Da wächst plötzlich etwas“, beschreibt er den Moment. „Ich muss entscheiden, wann genug ist.“ Denn die Blase kann auch platzen.

So heikel also der Herstellungsprozess des einen Teils der Plastik ist, so massiv sind die Kräfte für den anderen Teil: Den lässt Lanfer in einer Schmiede formen. Mit gewaltiger Kraft werden die glühenden Eisenblöcke in riesigen Hämmern behauen, bis sich ein Ende so verjüngt, dass es den scheinbar natürlichen Übergang zu den schwebenden Blasen bilden kann. Die Spuren dieses gewaltigen Kraftakts sind in der rauen Oberfläche noch immer erahnbar, die ebenfalls mit den glänzend glatten Blasen kontrastiert.

Hausherr Tony Cragg ist begeistert von den Werken seines ehemaligen Schülers, den er einst direkt in seine Meisterklasse holte: „Sie sind körperlich, ohne körperlich zu sein, abstrakt und außerordentlich figurativ.“ Und sie hätten „etwas Zeitiges“: „Sie sind gefroren in der Zeit, zeigen einen bestimmten Moment.“ Ihn fasziniert auch die Rolle des Materials: „Das Material bestimmt die Form - nach seinen Gesetzen, das finde ich unheimlich spannend.“

„Spam“ nennt Mathias Lanfer die Blasen-Plastiken und „Spams“ heißt die Ausstellung. Das Wort, das heute unerwünschte Werbemails bezeichnet, leitet sich von der amerikanischen Bezeichnung für Dosenfleisch ab, das sich aus den Wörtern „spiced“ und „ham“ („gewürzt“ und „Schinken“) zusammen. Dosenfleisch repräsentiere den Versuch, organische Materialien in eine rational verfügbare Form zu bringen.

Ein Spiel mit Material und Bewegung zeigt auch das Werk „Laufender Meter“, mehrere scheinbar willkürlich unterbrochene Profilleisten aus Aluminium. Aus dem richtigen Blickwinkel sind auf den Schnittflächen Schuhsohlen zu sehen, die Leiste ist eine unendliche Verlängerung der zweidimensionalen Form in die dritte Dimension.

Einige Werke Lanfers sind auch hinter den Fensterscheiben der Villa Waldfrieden zu sehen, darunter eine kleinere — zimmertaugliche — Version einer Blasen-Plastik, die hier humorvoll „Dicke Luft“ heißt.

Mehr Platz braucht ein Torso aus drei Drahtkörben, deren filigrane Stäbe durch unzählige Tauchbäder mit einer dicken glänzenden Glasur überzogen sind — erneut ein Spiel mit Materialien und ihren Eigenschaften: Der biegsame Draht erstarrt scheinbar in zerbrechlicher Keramik.