Workshop Tanzfilm „my move my place“ in Wuppertal

Tanzrauschen-Workshop mit Jo Parkes bringt Menschen, Orte und Bewegung zusammen.

Felicia Schulze, Hartmut Göhlich und Jo Parkes (v.l.) beim Workshop in der Börse. 

Foto: Fries, Stefan (fri)

Am Anfang waren Postkarten, aus denen sich rasch Briefe entwickelten. 2015 holte der Verein Tanzrauschen die Britin Jo Parkes nach Wuppertal, weil er die filmisch dokumentierten partizipativen Tanzprojekte der „documentary art maker“ in einer Ausstellung präsentieren wollte. In einer leerstehenden Etage des Kaufhauses Michel am Wall zeigte sie ihre Filme, darunter die „Postcards from Berlin“ und „Postcards from East-London“.

Begab sich zeitgleich und zusammen mit Tanzrauschen an die Arbeit für die „Postcards from Wuppertal“, die sich zu „Letters from Wuppertal“ auswuchsen. Beginn einer Freundschaft und regelmäßigen Zusammenarbeit, die die Tanzkünstlerin, Regisseurin und Pädagogin, die im deutschen Berlin und im englischen Wolverhampton lebt und dieses Jahr mit dem Deutschen Tanzpreis ausgezeichnet wurde, Anfang dieser Woche wieder nach Wuppertal führte. Hier leitet sie nun den zweiwöchigen Tanzrauschen-Tanzfilm-Workshop „my move my place“.

Die Sommerpause erlaubt, dass sie gleich mehrere Räume der Börse nutzen können: Etwa zehn Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren und etwa gleich viel Ältere (ab 55 Jahren), die sich größtenteils erst hier kennenlernen, erarbeiten gemeinsam einen Tanzfilm über sich und Wuppertal. Der 73-jährige Hartmut Göhlich ist einer von ihnen. Er tanzt auch in anderen Gruppen, war bei allen Wuppertaler Projekten von Parkes dabei. Er schätzt die 47-Jährige und ihre Arbeit, freut sich über die offene, Vertrauen schaffende Atmosphäre. „Man spürt, dass das sofort etwas Unglaubliches mit einander macht. Jo sprüht vor Begeisterung, ohne, dass sie mit allem einverstanden ist. Man macht gerne mit, nicht weil man einen Leistungsdruck verspürt“, sagt er.

Einen unverhofften Vertrauensbeweis erlebte auch Felicia Schulze, die sprichwörtlich und spontan von den anderen getragen wurde, als sie an einer Mauer des Börsen-Gebäudes hochkletterte. „Wir hatten die Aufgabe, als Gruppe bei einem Spaziergang draußen Begriffe wie drüber, drunter, drumherum und durch umzusetzen, und da bin ich eben eine Wand hochgeklettert.“ Die 16-Jährige besucht die Gesamtschule Langerfeld, wo sie schon Tanzprojekte gemacht und auf der Bühne gestanden hat. Als Tanzrauschen den Workshop vorstellte, fühlte sie sich angesprochen. Sie überlegt nun, in der zehnten Klasse eine AG zu machen, die sich dem Tanz widmet.

Mit viel Begeisterung und ohne Leistungsdruck an der Arbeit

Fünf fünfminütige Filme umfassen die „Letters from Wuppertal“, die 2015 im Kaufhaus Michel, und 2017 in einem ehemaligen Frauenhaus, in der Schwimmoper und im Barmer Rathaus gedreht wurden. Professionelle Künstlerteams arbeiteten mit nichtprofessionellen Tänzern und Akteuren aus der Stadt, die ihren Wohn- und Lebensort der ganzen Welt zeigten. Das Projekt behandelte Tanz als „einen öffentlichen und offenen Raum, in dem Menschen zusammenkommen, um in einem kreativen Prozess, ihre jeweils alltägliche Umgebung zu ‚bearbeiten’ und zu reflektieren“. Noch heute werden die Filme weltweit auf Festivals gezeigt.

Auch 2019 spielt Wuppertal wieder eine zentrale Rolle. Nur dass diesmal jüngere und ältere Menschen einander Orte in der Stadt vorstellen. Weil dabei der Tanz das Gestaltungsmittel ist, beginnen die etwa fünfstündigen Treffen stets mit dem Aufwärmen und Bewegungsübungen. Außerdem malten die Teilnehmer die Orte, die ihnen wichtig sind. Das Besondere dabei: Sie taten dies, ohne hinzugucken. Erst danach wurde im Gespräch aufgeklärt, um welche Orte es ging. Parkes: „Die Bilder dienen als Inspiration für die Bewegung. Die Linien der Zeichnung werden vom Körper übersetzt.“ Nun gilt es, sich auf drei bis vier Orte zu einigen, an denen in der nächsten Woche gedreht werden soll. Hoch im Kurs stehen die Wupper, die Regenbogentreppe, das Mirker Schwimmbad und der Skulpturenpark.

Nächste Woche wird gedreht, dann folgt die Feinarbeit durch Parkes und die Regisseurin Julia Franken. Im Oktober kommt die Gruppe erneut zusammen, um den geschnittenen und mit Musik unterlegten Film anzuschauen und „abzunehmen“. Parkes: „Jeder hat dann die Möglichkeit, Kritik zu üben und Sequenzen wieder herausnehmen zu lassen.“ Krönender Abschluss ist am 8. November, wenn der Film im Rahmen des „Dancescreen 2019 + Tanzrauschen“-Festivals gezeigt wird.