Applaus im Nachbarschaftsheim Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“ in Wuppertal: Ein musikalisches Donnerwetter

Wuppertal · Antonio Vivaldis Violinkonzert „Die vier Jahreszeiten“ ist 300 Jahre alt und immer noch ein „Renner“. Das zeigte sich jetzt auch wieder in Wuppertal.

Die Streicher zogen die Besucher in ihren Bann.

Foto: Matthi Rosenkranz

Antonio Vivaldis Violinkonzert „Die vier Jahreszeiten“ ist 300 Jahre alt und immer noch ein „Renner“. So waren auch am Samstagabend viele Menschen aus dem Wohnquartier Ostersbaum zum Barockkonzert des Wuppertaler Sinfonieorchesters ins Nachbarschaftsheim am Platz der Republik gekommen, um die Musik von Vivaldi zu hören. Mit seinen „Vier Jahreszeiten“ ist dem italienischen Komponisten das gelungen, was wir heute einen „Mega-Hit“ nennen würden, und sie haben noch immer großen Erfolg.

Antonio Vivaldi (1678–1741) hatte sich vor 300 Jahren nur musikalische Gedanken über die Eigenschaften der Jahreszeiten gemacht und sie in vier Violinkonzerten aufgeschrieben. Im Jahr 1725 veröffentlichte er eine Sammlung aus zwölf Violinkonzerten, zusammengefasst unter der Opus-Zahl 8, zu der auch die Jahreszeiten gehören. Bei diesen fantasievollen Werken wechseln sich sehr schnelle und geruhsame, leise sanfte und laute kraftvolle Passagen ohne Vorwarnung ab. „Die vier Jahreszeiten“ haben einen besonderen Zauber. Jeder hat sie schon einmal gehört, auch die Werbung verwendet sie gerne. Der Frühling wirbt für Parfüm und Mode, der Winter begleitet die Fahrt eines schnellen Sportwagens und ein deutsches Nahrungsmittelunternehmen wirbt mit dem Violinkonzert für seine gleichnamige Pizza.

Am Beginn des Konzerts der Reihe „Uptown Classics“ erstrahlt die „Sinfonia c-dur“ RV 116, ein ebenfalls „typisches“ Vivaldi Streichkonzert, voller Lebensfreude. Zuerst temperamentvoll, dann andächtig schreitend und lieblich, schließlich tänzerisch-fröhlich. Das Cembalo spricht ein heiteres „Schlusswort“. Dann lässt Vivaldis Frühling, dessen bildgewaltigem Klang sich keiner entziehen kann, das Publikum aufhorchen. Heftige Frühlingsstürme in rasantem Tempo lassen die 14 Streicher des Sinfonieorchesters im Wechsel mit feinen, leisen Passagen erklingen. Sie machen munter sprudelnde Bächlein, zwitschernde Vögel und sanft säuselnde Blätter hörbar.

Konzertmeister Nikolai Mintchev leitet das Ensemble und beeindruckt gleichzeitig solistisch mit hochvirtuosem Spiel. Vivaldi war selbst ein herausragender Geiger und schrieb alle Schwierigkeiten der Geigentechnik seiner Zeit in diesen Solopart hinein. Mit gekonnt individueller Interpretation und großer Spielfreude brilliert Mintchev in jeder Phrase. Sein immenser Einsatz fordert den Beifall geradezu heraus, den das hellauf begeisterte Publikum nach jedem Satz spendet.

Streicher und Cembalo
lassen die Klänge flirren

Der Sommer beginnt mit ruhigen Klängen, die Wärme scheint zu flirren. Im 3. Satz macht das Ensemble drückende Hitze, Stechmücken und fernes Gewittergrollen musikalisch spürbar. Die Streicher musizieren stehend und entfalten eine mitreißende Dynamik. Schließlich bricht ein heftiges Gewitter mit Regen und Hagel los. So mitreißend kann ein musikalisches Donnerwetter sein, und so nah kommt klassische Musik zu den Menschen beim Format „Uptown Classics“ im restlos ausverkauften Konzert im Nachbarschaftsheim.

Auch der Herbst lässt das Publikum gebannt zuhören. Es wird fröhlich gefeiert, getanzt und getrunken. Streicher und Cembalo lassen die Klänge flirren, die feiernden Bauern werden langsam müde. William Shaw, manchen noch bekannt von seiner früheren Tätigkeit als Korrepetitor und Komponist an den Wuppertaler Bühnen, sorgt mit lebendigem Spiel und tänzerischer Leichtigkeit am Cembalo für prägnante Akzente. Der Winter beginnt eher düster, die Menschen frieren im rauen Wind, im Tremolo der Violinen ist sogar ihr Zähneklappern zu hören. Wohl dem, der drinnen am warmen Ofen sitzt, wenn das Pizzicato den Regen sanft an die Scheiben prasseln lässt.

Das Publikum belohnt die Musiker nach der Vorstellung mit lang anhaltendem Applaus. „Zur Abwechslung spielen wir etwas von Vivaldi“, kündigt Nikolai Mintchev scherzhaft die Zugabe des Abends an, und die „Sinfonia h-moll“ RV 169 erklingt wunderschön harmonisch wie ein eigenes kleines Konzert.