Von der Heydt-Preis: Turbulenzen zur Preisvergabe
Die Jury spricht sich einstimmig für den Preisträger aus und demonstriert ihre Unabhängigkeit.
Wuppertal. Michael Zeller erhält den Von der Heydt-Preis 2008. Hinter dieser nüchternen Nachricht steckt allerdings viel mehr. Allein die Vorgeschichte könnte ein ganzes Buch füllen. Am Ende geht es um einen glücklichen Schriftsteller ("Eine solche Auszeichnung bekommt man nur einmal im Leben"), eine Jury, die auf ihre Unabhängigkeit pocht, und einen Preis, der in Verruf geraten war.
Monatelang hält sie die Kultur- und Politszene in Atem: Die Diskussion um den Namensgeber des bedeutendsten Kulturpreises der Stadt - Eduard von der Heydt wird eine aktive Verstrickung in den Nazi-Terror vorgeworfen - scheint im Sommer beigelegt zu sein. Der Rat folgt der Empfehlung einer Kommission: Die Auszeichnung, die zuletzt 2005 vergeben wurde, heißt ab sofort Von der Heydt-Preis - um den Fokus vom einzelnen Familienmitglied auf die gesamte Familie zu verschieben, der die Stadt wegen ihrer Kunst-Schenkungen zu großem Dank verpflichtet sei. Die Debatte geht allerdings weiter, denn die "preis-verdächtige" Geschichte spielt sich ab wie ein spannender Roman: Auf Kapitel1 folgt Kapitel 2.
Hajo Jahn, Vorsitzender der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft, wirft einen Namen in den Ring: Georg Dreyfus soll den Preis bekommen, der mit 12500 Euro dotiert ist. Der Komponist stammt aus Elberfeld, lebt in Australien und ahnt vermutlich nicht, welch hohe Wellen sein Name in der Heimat schlägt - vor allem in der 13-köpfigen Jury. Fraktionsvertreter und sachkundige Bürger wollen sich nicht vorschreiben lassen, wen sie zu wählen haben. Wie die WZ aus Jurykreisen erfährt, ist von versuchter Erpressung die Rede. Die Spannung steigt weiter - denn selbst die Verkündung der tatsächlichen Wahl kann in der Realität noch dramatischer sein, als sie sich mancher Autor ausdenken könnte.
Es wird ernst: Die Stadt lädt zu einer Pressekonferenz am Freitagmorgen ein. Schnell mehren sich Gerüchte: Stadt und Jury sollen sich angeblich uneinig sein. Die PK wird kurz vor Beginn abgesagt. Was ist passiert? "Es gab keine Querelen", sagt Jurymitglied Eberhard Robke. "Das Gremium ist unabhängig und hat einstimmig entschieden." Man habe abgesagt, weil man zunächst Zeller informieren wollte, den Preisträger aber am Abend vor der offiziellen Verkündigung, direkt nach der Wahl, nicht mehr erreicht habe. Dann sickert durch: Der Förderpreis geht an Bratschistin Barbara Buntrock. Kulturdezernent Matthias Nocke möchte beide schnellstmöglich ehren: "Wir wollen die Preise noch in diesem Jahr verleihen." Und damit das letzte Kapitel schließen.