Ausstellung Wenn Trumps Mauer aus Rigips bestünde

Sebastian Dannenberg stellt beim Neuen Kunstverein aus. „American Standard“ entlarvt die amerikanische Scheinwelt.

Sebastian Dannenberg entlarvt in seiner Ausstellung – vor allem mit der Rigips-Mauer – die amerikanische Scheinwelt.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Das Foto gibt Rätsel auf – ein verrosteter Chromfuß auf einem Stück weißen Porzellan, das offensichtlich zu einem Sanitärmöbel gehört, dahinter blasse Kacheln. Auf dem Möbel ist der Schriftzug „American Standard“ aufgebracht. Sebastian Dannenberg hat das Foto gemacht, von einem Pissoir, das in der Toilette des (Abraham) Lincoln Memorial steht. Es beeindruckte ihn, weil es in krassem Gegensatz zum Monumentalen des Denkmals zu Ehren des US-Präsidenten steht, die Aufschrift scheinbar das Schäbige zum Standard erhebt. Zugleich zitiert er Marcel Duchamps Ready Made, das 1917 die Kunstwelt revolutionierte. Nun schmückt das Foto die Einladungskarte zu seiner Ausstellung, die am Freitag im Neuen Kunstverein eröffnet wird. Der Titel: „American Standard“.

Sebastian Dannenberg ist ein Ruhrgebietskind, wurde 1980 in Bottrop geboren. Er studierte in Karlsruhe und Bremen, war Meisterschüler von Stephan Baumkötter. Heute lebt und arbeitet der 39-Jährige in Bremen. In seiner Kunst setzt sich der mehrfach ausgezeichnete Künstler mit dem Raum auseinander, den er vor allem mit den Mitteln der Malerei, aber auch mit anderen Materialien wie Leuchtstoffröhren oder Alublechen besetzt. 2013 tat Dannenberg das schon einmal in Wuppertal. „Bob’s Service“ hieß das Projekt, an dem er als Mitglied eines Künstlerkollektivs um den Wuppertaler David Semper teilnahm. Er fertigte ein Objekt, das sich mit dem 50er Jahre Vordach der Tankstelle neben dem Barmer Bahnhof auseinandersetzte.

Dannenberg mag Wuppertal mit seiner „Industrie-Utopie und der Hanglandschaft“, „das Großstädtische mit seinen Brüchen ist etwas total Feines“. Lisa Thiele vom Neuen Kunstverein begegnete er allerdings in der Kunsthalle Bremerhaven, wo sie im Frühjahr dieses Jahres seine Ausstellung „Easy as far as we can see“ besuchte. Man lernte sich kennen, sie lud ihn nach Wuppertal ein.

Marcel Duchamps
Ready Made zitiert

Mehr als 20 Meter lang ist der Raum, etwa sieben Meter breit, den der Neue Kunstverein im Kolkmannhaus bespielt. Auch ihn kannte Dannenberg schon von Ausstellungen anderer Künstler, die er besucht hatte. Ein schwieriger Raum, wegen der grünen Fensterrahmen, den Säulen und Heizungen sowie der Lichtsituation. Eine Raumanmutung, die er modifizieren will und deshalb nun diagonal mit einer aus 19 Rigipsplatten (jede in der Standardgröße 12,5 Meter breit und 2,50 Meter hoch) bestehenden Wand teilt, so dass „nach hinten eine Verdichtung entstehe und das Schlauchartige optisch verlängert“ werde.

Eine anfangs monumental wirkende, auf der Vorderseite an grauen Sichtbeton, auf der Rückseite an braunes Holz erinnernde Mauer, die aus schnellem Material entstanden sei. Jedes Element hat er zu einem langen Z gebogen, so dass es selbstständig steht und die Wandfläche etwas Ziehharmonika- oder Treppenartiges erhält. Zwischen den einzelnen Elementen ist Luft. „Der Besucher kann um die Wand herumgehen, schauen, was dahinter passiert.“ Dabei kommt er an Leuchtstoffröhren vorbei, die seitlich, etwas unterhalb der Körpermitte oder etwas oberhalb der Kopfhöhe an den Wänden angebracht sind. Dannenberg hat sie umgedreht vor einem magenta-, rot- oder gelbfarbenem Streifen angebracht, so dass ein Leuchtreklame-Effekt entsteht. Am hinteren Ende seiner Kunst-Wand hat er spiegelverkehrt mit auslaufender schwarzer Farbe „American Standard“ an die Wand gemalt.

Schwerpunkt liegt auf
dem stimmigen Material

Als der Künstler dieses Jahr vier Wochen mit einem Freund die USA bereiste, kam er auch nach Washington, erlebte die Inszenierung der Stadt, glich sie mit den US-Filmen ab, die er gesehen hatte. „Vieles ist Show und Schein, hinter den Fassaden sind die Steine bröckelig“, erklärt Dannenberg, der mit seiner fragilen, durchlässigen Pappmauer, die nur monumental aussieht, auch Trumps Mauerbau kritisiert. Und so auch eine politische Aussage trifft. Gedanken, die zwar mitschwingen und sich fast aufdrängen, aber nicht Schwerpunkt der Arbeit sein sollen, den er allein aufs stimmige Material legt.

Ab Freitag können die Besucher auf Assoziationsreise gehen.