Ausstellung in der Färberei Ein Jahr, drei Künstlerinnen, 90 Bilder
Rotation 360° heißt das Projekt, bei dem drei Frauen gemeinsam 90 Werke gestaltet haben. Die Ergebnisse sind jetzt im Café der Färberei zu sehen.
Was passiert, wenn drei Künstlerinnen ein Bild malen? Die neue Kunstausstellung im Begegnungszentrum Färberei geht dieser Frage in einem Experiment nach. Zur Eröffnung luden die Leiterin der Färberei, Iris Colsman, und die Künstlerinnen Brigitte Baumann, Cornelia Ernenputsch und Gisela Kettner, am Sonntag zur Vernissage ins Café der Färberei ein.
„Rotation 360°“ ist das Thema eines einjährigen Kunstprojekts, das die Möglichkeiten einer künstlerischen Partizipation demonstriert. Prinzip des Projekts ist die Rotation der Bilder zwischen den drei Kunstschaffenden und die Mitwirkung aller Beteiligten am Entstehungsprozess des Gemeinschaftswerks.
Jede der Künstlerinnen startete mit 30 Bildern und überreichte ihre begonnenen Leinwände dann an die nächste Teilnehmerin. Diese führte die Werke mit eigenen Ideen und Mitteln fort und reichte sie an die dritte Kollegin weiter, bis sie zuletzt wieder bei ihrer ersten Bearbeiterin ankamen, um beendet zu werden und den Kreis zu schließen. So entstanden insgesamt 90 Werke.
Jedes Bild durchlief
vier Zustände
Während der vier Phasen der Bearbeitung waren die Künstlerinnen völlig frei in der Wahl der Techniken, Farben oder Motive. Sie konnten selbst entscheiden, ob sie die Arbeitsergebnisse ihrer Kolleginnen stehen lassen, verändern oder komplett überstreichen wollten. Jedes Bild durchlief vier Zustände auf dem Weg zur Fertigstellung und erzählt so seine eigene Geschichte, die teilweise noch im fertigen Zustand nachvollziehbar ist.
Der gesamte künstlerische Zyklus stellte die Mitwirkenden vor große Herausforderungen und erforderte viel Toleranz von den drei Frauen. Brigitte Baumann ist Kunstlehrerin, freie Künstlerin und Gründerin der wuba-Galerie. Cornelia Ernenputsch studierte Malerei und Grafik. Und die Dritte im Bunde, Gisela Kettner, ist freischaffende Künstlerin und ausgebildete Textildesignerin und Kunstpädagogin.
Manchmal gab es
auch Tränen
Für alle war es eine spannendes Entdeckungsreise. „Wir kommen ja aus unterschiedlichen Bereichen“, erklärt Gisela Kettner bei ihrer Einführungsrede. Es habe schon den ein oder anderen Reibungspunkt gegeben. „Da kam es auch zu Tränen“, sagt sie. Bei manchen Bildern, die sie zurück bekam, sei sie schon manchmal entsetzt gewesen. So sei es allen gegangen. „Ich habe schon mal alles abgewischt und hatte fast eine weiße Leinwand“, berichtet sie. Wichtig sei es gewesen, die Partizipation des anderen auszuhalten.
Dabei sei es nicht um das Malen von schönen Bildern gegangen, sondern darum, etwas zu bewegen, ein Nachdenken über das Miteinander in unserer Gesellschaft zu provozieren. „Es war eine völlig neue Herausforderung“, berichtet auch Cornelia Ernenputsch. „Manchmal dachte ich, das wird nichts.“ Aber dann sei in letzter Sekunde doch noch das richtige Bild herausgekommen.
Dieser Prozess der Rotation, durch die Erstellung der Bilder begonnen, lässt sich noch weiterführen. Auch der Betrachter hat die Möglichkeit zur Partizipation, und so hatte das Publikum während der Vernissage die Möglichkeit, die Anordnung der Bilder zu verändern und Teil des Gesamtwerks zu werden.
Mit der aktuellen Ausstellung, die noch bis zum 21. März zu sehen ist, präsentiert sich das Projekt „Rotation 360°“ zum zweiten Mal. Bereits im November wurde es in der wuba-Galerie ausgestellt. Während dort vor allem ein kunstaffines Publikum angesprochen wurde, soll nun die Kunst auch gelebt werden. „Hier stellen wir ja direkt im Café aus“, erklärt Iris Colsman, „und da erreichen wir ganz unterschiedliche Menschen.“
Am 13. April sollen dann zum Abschluss im Rahmen einer Benefizveranstaltung des Fördervereins für die Färberei in der Villa Media einige der Werke versteigert werden.