Die Königin der Boulderszene im Interview
Nach dem WM-Titel setzt sich Juliane Wurm noch keine neuen Ziele. Klettern ist für sie vor allem Leidenschaft
Wuppertal. Nach ihrem Triumph bei der Boulder-Weltmeisterschaft im Münchner Olympia-Park war Juliane Wurm erst einmal abgetaucht. Der 23-jährige Kletterstar der Sektion Wuppertal im Deutschen Alpenverein machte Urlaub in Frankreich. Schwimmen, Abschalten und natürlich auch Klettern. Nach ihrer Rückkehr sprach die WZ mit ihr.
War der Urlaub die Belohnung für die harte Arbeit vorher und den Titelgewinn.
Juliane Wurm: Auf jeden Fall. Ich habe vergangenen Winter viele Veränderungen in meinem Training vorgenommen und über den Sommer ein Urlaubssemester genommen, um mich voll auf das Training und die Wettkämpfe zu konzentrieren. Die Saison war anstrengend und mit viel Reiserei verbunden, hat aber großen Spaß gemacht. Der WM-Titel war die Krönung.
Seit wann klettern Sie leistungsmäßig?
Juliane Wurm: Ich habe meinen zehnten Kindergeburtstag in einer Kletterhalle in Dortmund gefeiert. Das hat mir so großen Spaß gemacht, dass ich seitdem fast jeden Tag klettern gehe. Anfangs immer in Dortmund, als dann die Wuppertaler Kletterhalle aufgemacht hat, boten sich mir noch mal ganz andere Möglichkeiten. Seit dem vergangenen Winter trainiere ich vor allem in Köln. Mein Freund Jan Hoyer wohnt und trainiert dort, und die Halle bietet optimale Voraussetzungen für die Vorbereitung auf internationale Wettkämpfe.
Was fasziniert Sie am Bouldern?
Juliane Wurm: Die Vielfalt. Ich powere mich gerne im Training in der Halle aus, bin aber auch sehr gerne zum Bouldern am Fels und genieße die freie Natur. Im Winter fahre ich sooft es geht an den Fels und suche mir dort Projekte, auf die ich hinarbeite oder klettere in einem Gebiet, das ich noch nicht kenne. Im Frühjahr trainiere ich für Wettkämpfe, die vor allem Sommer stattfinden. Für Weltcups reisen wir mit dem Nationalteam um die ganze Welt. Dieses Jahr waren wir in Azerbaijan, Kanada, den USA, zweimal in China und sind quer durch Europa gereist. Es ist eine große Bereicherung für mich, so viel von der Welt zu sehen und Freunde in aller Herren Länder zu finden.
Und was war das Besondere am Wettkampf in München? Im Finale sind Sie ja direkt neben Ihrem Freund geklettert.
Juliane Wurm: Die WM in München war der perfekte Wettkampf für mich. Meine ganze Familie war mit Postern im Gepäck angereist, um mich zu unterstützen, und dann lief es wie am Schnürchen. Schon in den Vorrunden fühlte ich mich fit und konzentriert, aber gleichzeitig auch locker. Ich habe mich schon nach der Besichtigung auf die Final-Boulder gefreut. Vor heimischen Publikum war es dann ein unglaublicher Gaudi. Immer mit Jan auf der Matte zu stehen und mich in der Isolationszone vor jedem Boulder mit ihm zu pushen, war unglaublich motivierend. Als ich am letzten Boulder am Top hing, konnte ich es kaum fassen. Mit dem Titel ging mein größter Traum in Erfüllung.
Sie sind ja relativ klein, ein Vor- oder ein Nachteil?
Juliane Wurm: Mit 1,60 m und 50 Kilo liege ich ziemlich im Durchschnitt unter den Top-Wettkämpferinnen. Wir sind alle ähnlich groß und haben einen vergleichbaren Körperbau. Das ist wahrscheinlich die natürliche Kletterselektion.
Merkt man an der Wand jedes Gramm?
Juliane Wurm: Das Gewicht spielt beim Klettern schon eine große Rolle, aber zum Glück spielen auch noch ein paar andere Faktoren wie Athletik und Technik mit rein. Wer zu ausgezehrt ist, hat nicht genug Kraft um vorne mitzuspielen. Entscheidend ist, eine gute Balance aus Gewicht und Kraft zu finden.
Deutsche Meisterin, Weltcupsiegerin, Weltmeisterin — was kommt da als nächstes?
Juliane Wurm: Mal sehen. Das lasse ich alles auf mich zukommen.
Wie verträgt sich Studium und Hochleistungssport?
Juliane Wurm: Im Winter habe ich das Physikum gemacht. Nach dem anschließenden Urlaubssemester geht es für mich erst im Herbst weiter.
Wie oft pro Woche trainieren Sie normalerweise?
Juliane Wurm: Ich trainiere fünfmal die Woche und mache dreimal pro Woche Ausgleichstraining wie Yoga oder gehe laufen. Das Training beinhaltet eine Mischung aus Krafttraining und spezifischem Klettertraining.