Lauflegende Vahlensieck: „Doping kannten wir nicht“

Sie sammelte Meisterschaften wie Briefmarken, lief Weltrekorde. Heute wird Lauflegende Christa Vahlensieck 60 Jahre alt.

Wuppertal. Sie hat in der Damen-Leichtathletik Maßstäbe gesetzt. Ihre Domäne waren die langen Strecken - die ganz langen Strecken. Zwischen 1973 und 1989 gewann Christa Vahlensieck alles, was es auf den Distanzen zwischen 3000 Metern und 100 Kilometern zu gewinnen gab.

"Den ersten Wettkampf habe ich mit 14 Jahren bestritten, damals noch in Düsseldorf, meiner Geburtsstadt", erinnert sich Vahlensieck, die heute 60 Jahre alt wird.

Gut im Gedächtnis geblieben ist ihr auch der erste Sieg. "1963 über 1000 Meter bei den westdeutschen Waldlaufmeisterschaften in Waldniel in der B-Jugend." Eine für damalige Zeiten lange Distanz. Erst Jahre später wurden den Sportlerinnen noch längere Strecken zugemutet.

Ihr Faible für die Leichtathletik erklärt Christa Vahlensieck mit einem ausgeprägten Bewegungsdrang. "Als Kind wollte ich mich bewegen. Ich bin immer die längsten Strecken gelaufen."

Nachdem sie eine Lehre als Industriekauffrau abgeschlossen hatte, kam sie über die Zwischenstation DSC 99 Düsseldorf nach Wuppertal.

"Der Langstreckler Manfred Steffny holte mich zur Elberfelder TG. Als deren Leichtathletikabteilung aufgelöst wurde, kam ich zum Barmer TV, wo Paul Schlurmann mein Ansprechpartner war. Er hat mir manchen wichtigen Tipp gegeben."

Im Trikot des BTV folgte ihre erfolgreichste Zeit. Ihr Rekordbuch enthält unter anderem 17deutsche Einzelmeisterschaften und fünf Mannschaftsmeisterschaften. Als erster deutschen Athletin gelang ihr 1973 in Waldniel ein Marathon unter drei Stunden, noch unter ihrem Mädchennamen Kofferschläger.

Ein Jahr später stellte sie in Boston (USA) mit 2:53:00 Stunden einen weiteren deutschen Rekord auf. 1975 und 1977 lief Vahlensieck in Dülmen und Berlin Weltrekord. Die mit 160 Zentimetern Körpergröße vergleichsweise kleine Läuferin stellte auch über andere Distanzen Weltrekorde auf, zum Beispiel über 10 000 und 20 000 Meter, im Stundenlauf und im 25- km-Straßenlauf.

In Unna siegte sie am 4. September 1976 im 100-km-Lauf in der deutschen Rekordzeit von 7:50:37 Stunden. Verbandsquerelen verhinderten ihren Start bei Olympia 1984. "Doping kannten wir nicht, und unsere medizinische Betreuung war eher nachlässig", sagt Vahlensieck mit einem Achselzucken.

Ob sich beim Laufen der berühmte "Kick" einstellt? "Habe ich nichts von gemerkt", antwortet die sympathische Sportlerin trocken. "Ich bin gerne gelaufen, auch wenn es oft Quälerei war. Da war ich dann froh, wenn ich im Ziel war." Bis auf Australien kennt Christa Vahlensieck die Langlaufstrecken rund um den Globus.

Gleich zweimal ließ sie die internationale Konkurrenz beim berühmten Silvesterlauf von Sao Paulo hinter sich. Ihren letzten Marathon bestritt sie im Alter von 40 Jahren 1989 in Boston.

Als schönste Erinnerung bezeichnet Vahlensieck, die 1974 in Wuppertal ihren Sportkollegen Uli Vahlensieck heiratete, aber den Freundschaftslauf 1988 nach Kosice. "Das war ein tolles Erlebnis, besonders das Zusammentreffen mit dem weltberühmten mehrfachen Olympiasieger Emil Zatopek."

Auch mit 60 Jahren läuft Vahlensieck noch. "Drei- bis vier Mal in der Woche 10 bis 15 Kilometer", sagt sie, "zusammen mit Freunden." Die Trägerin der Sportplakette der Stadt ist auch im Ruhestand voll beschäftigt. Sie singt im Kirchenchor und arbeitet seit zehn Jahren für den Verein Wuppertaler in Not (WIN). "Mir geht es gut. Ich möchte, dass alles so bleibt wie es ist."