Wuppertaler Erinnerungen an Olympia „Olympische Spiele sind für jeden Sportler das Größte“

Wuppertal, München, Montreal, Seoul, Barcelona, Altlanta, London, Rio · Simone Osygus, Peter Nocke, Christian vom Lehn, Hans-Martin Röse und Peter Frese aus Wuppertal blicken auf ihre Teilnahmen zurück und natürlich interessiert nach Paris.

Brustschwimmer Christian vom Lehn nahm 2012 in London und 2016 in Rio teil.

Foto: dpa/dpa/Lukas Schulze

„Die Olympischen Spiele sind für jeden Sportler das Größte.“ Christian vom Lehn, Simone Osygus, Peter Nocke und Hans-Martin Röse, die das selbst als Sportler erlebt haben, sind sich da einig. Peter Frese, von 2000 bis 2019 Präsident des Deutschen Judobundes und in dieser Funktion bei vier Olympischen Spielen vor Ort, sieht das ebenso. Sie alle haben Wuppertal einst bei Spielen würdig vertreten und schauen jetzt interessiert nach Paris, wie sich ihre Nachfolger dort schlagen. Natürlich weckt das auch Erinnerungen.

Simone Osygus, die 1992 und 1996 mit der deutschen 4 x 100 m Freistil-Staffel jeweils Bronze gewonnen hat und heute als Geschäftsführerin der Schwimmabteilung des SV Bayer viele aktuelle Olympiateilnehmer schon in Wuppertal begrüßen konnte, hat sich in den Sozialen Netzwerken gebannt die Bilder vom Einzug im Olympischen Dorf angeschaut. „Achter-Wohnungen, spartanisch eingerichtet, aber alles da, was man braucht – da hat sich seit damals gar nicht viel geändert“, sagt sie. Ihre zweiten Spiele 1996 in Atlanta habe sie mehr genießen können, auch wenn die Ausbeute für sie dieselbe war wie vier Jahre zuvor in Barcelona. Bei ihrer Premiere sei sie dort doch mehr angespannt gewesen. „Nirgendwo anders ist es so, dass nur die Medaille zählt, das widerspricht ja eigentlich dem olympischen Geist von Dabeisein ist alles“, findet sie, erinnert sich noch daran, dass damals nach den Rennen die Medaillengewinner links herum zur Presse geschleust wurden und alle anderen nach rechts.

Simone Osygus holte 1992 und 1996 mit dem deutschen Quartett Staffelbronze.

Foto: Otto Krschak

Peter Nocke, Wuppertals Schwimmstar der 70er-Jahre und zwischen 1974 und 1977 in Europa auf den kurzen Freistilstrecken konkurrenzlos, erinnert sich an den langen Weg, den man in der riesigen Olympiahalle von Montreal 1976 bis zum Startblock zurückzulegen hatte. Nur zwei Amerikaner waren damals über 100 m noch vor ihm. „Endlauf und Medaille, das ist nicht zu toppen“, so Nocke. Als Medaillengewinner wurde er auch ins Büro der Bild Zeitung eingeladen und konnte von dort für zehn Minuten mit seiner Frau telefonieren. „Handys gab es damals ja noch nicht, da war ich natürlich froh über diese Möglichkeit, mit zu Hause Kontakt aufzunehmen“, sagt er lachend. Das Heimweh trieb ihn dann auch vor Ablauf der Spiele schon nach Hause, obwohl die Schwimmer, deren Wettkämpfe stets in der ersten Woche stattfinden, bis zum Schluss bleiben dürfen.

Wasserfreunde-Ass Peter Nocke holte in Montreal 1976 Bronze über 100 m Freistil.

Foto: Nocke

Brustschwimmer Christian vom Lehn, 2012 in London und 2016 in Rio Olympiateilnehmer, gab sich dagegen stets die volle Dröhnung, erinnert sich gern daran zurück, wie er in London in der Beachvolleyball-Arena das Herren-Finale mit dem Olympiasieg von Jonas Reckermann und Julius Brink miterlebt hat. Oder an die Gemeinschaft im Olympischen Dorf, etwa, wie er Rio in der Mensa neben dem damaligen Trainer der Fußball-Olympiamannschaft Horst Hrubesch und DFB-Sportdirektor Hansi Flick gesessen hat. Von Lehn wohnt inzwischen in Düsseldorf, arbeitet in der Personalbetreuung und -werbung von Rewe. Olympia wird er natürlich im Fernsehen verfolgen.

Hans-Martin Röse (vorn) und Klaus von der Twer waren Olympiateilnehmer 1972 im Canadier-Zweier.

Foto: Röse

Gerne zu den Kanuwettkämpfen nach Paris gefahren wäre Hans-Martin Röse. Klaus von der Twer, mit dem er 1972 in München einen deutschen Canadier-Zweier gebildet hatte, hätte über den Verband auch Karten bekommen können, allerdings nur im Paket mit Unterbringung. Angesichts des happigen Preises winkte Röse dann ab. An München 1972 sind seine Erinnerungen zwiespältig. Nach der Geiselnahme israelische Sportler durch Terroristen und dem tödlichen Ausgang sei es stimmungsmäßig ein Bruch gewesen. Deshalb habe er auch auf die Abschlussfeier verzichtet. 1988 in Seoul war Röse dann als Bundestrainer dabei und verfolgte mit, wie die bislang letzten Wuppertaler Kanuten bei Olympia, die Brüder Hartmut und Wolfram Faust knapp an der Medaille vorbeischrammten. „Ich bin fast die ganze Strecke nebenher gelaufen. Bis 100 Meter vor dem Ziel lagen sie noch auf Rang zwei, gerieten aber dann in die Welle der vorausfahrenden Russen und bekamen Steuerprobleme.“ So reichte es am Ende nur zu einem guten fünften Platz.

Peter Frese war bis 2019 Präsident des Deutschen Judo-Bundes und nahm an drei Spielen teil.

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

Viele Medaillengewinne konnte Peter Frese in seiner Funktion als Judo-Präsident vor Ort mitverfolgen. Jetzt macht er das von zu Hause aus, traut den Jodofrauen die ein oder andere Medaille zu. Doch allgemein beobachte er, dass Deutschland nicht zuletzt in den Zweikampfsportarten wie Judo, Ringen oder Fechten gegenüber der ausländischen Konkurrenz immer weiter zurückfalle. Ein Problem sieht er darin, dass die Verbände mit ihren Trainern immer nur Vier-Jahres-Verträge machen könnten. „Wie willst du da gut Leute halten?“ Das habe er DOSB-Präsident Thomas Weikert auch in einem Brief geschrieben. gh