Breitensport Mit Feldhandball begann die Sportlerlaufbahn von Rudi Merz

„Ich war ein Einzelkind“, erzählt der jetzt 77 Jahre alte Rudolf (Rudi) Merz. „Deshalb wollte mein Vater, dass ich in einen Sportverein gehen sollte. Und da unser Bekannter Walter Bernau damals Oberturnwart im TV Friesen war, bin ich da 1957 angemeldet worden.“ TV, das bedeutet vor allem Turnverein, und das war eine Sportart, die dem damals 13 Jahre alten Rudi überhaupt nicht passte.

Foto: WZ/Ritter, Andreas

„Purzelbaum (in Wuppertal der „Tummelskopp“) und Hechtrolle waren das einzige, was ich konnte. Barren oder Reck, nee, das war nicht mein Ding“, erinnert sich der unwillige Geräteturner und fügt hinzu, dass man sich barfuß auf dem Boden der damaligen Turnhalle der Rudolf-Steiner-Schule Holzsplitter eingezogen habe.

Da war Handball schon eher etwas für den Rudi. Handball, das war damals Feldhandball, jene kuriose Sportart, bei der nur sechs von elf Spielern angreifen durften, während die anderen am eigenen Strafraum aus der Ferne die Wurfversuche ihrer Stürmer beobachten und sich anderweitig bei Laune halten mussten. Rudi spielte zunächst in der Abwehr. „Wenn Schnee lag, haben wir dem gegnerischen Angreifer schon mal eine Handvoll ins Gesicht geworfen“, erzählt Rudi Merz schmunzelnd. Ort der heimischen Handlungen war damals der Sportplatz Oberbergische Straße. „Der hatte eine rote Teersplittdecke. War übrigens eine ehemalige Müllkippe.“ Wenig komfortabel auch die Hygiene-Bedingungen. „Wir haben uns oft im Kothener Bach gewaschen.“

Wegen Gotteslästerung
vom Platz gestellt

Dennoch, das alles tat der Begeisterung für den Handball keinen Abbruch. Im Gegenteil: Rudi Merz ließ sich auch zum Schiedsrichter schulen und pfiff dort 25 Jahre lang. „Oft im Gespann mit dem Kameraden Werner Kanetzky.“

Bei eigenen Aktivitäten als Spieler gab es für den ausgebildeten Schiedsrichter übrigens keine Konflikte mit den jeweiligen Unparteiischen. „Ich bin nur einmal für zehn Minuten vom Platz gestellt worden.“ Der Grund stand im Spielbericht: „Gotteslästerung“. „Ich hatte verärgert ‚Gottverdammt’ gesagt.“

Allmählich wandelte sich sein Sport. Dominierte früher der Feldhandball, so entstanden nach und nach Sportstätten, in denen auch Hallenhandball gespielt werden konnte. Zunächst überwiegend in der Polizeihalle auf Lichtscheid. „Der Boden war aus Eichenholz, das mit Teer überzogen war.“ Eine sportliche Oase dagegen die 1960 eröffnete Sporthalle Heckinghausen mit ihrem Parkettboden.

Als das Zeitspiel im Handball
noch nicht geahndet wurde

Da es damals noch keinen Regelverstoß bei „Zeitspiel“ gab, die ballführende Mannschaft also nach Herzenslust kombinieren konnte, standen in den ersten Jahren beim Abpfiff auch Ergebnisse wie 1:1 oder 1:0 auf dem Spielbericht. Das erlebte der Rudi in seiner 40-jährigen aktiven Spielerkarriere auch noch selbst mit.

Dennoch, der Trend zum Hallenhandball war nicht aufzuhalten. Und Rudolf Merz hatte als zeitweise zweiter Vorsitzender oder Frauenwart des TV Friesen auch erheblichen Anteil daran, dass vor allem die Damen des Vereins erfolgreich die Bälle ins gegnerische Tor hämmerten. „Unser größter Erfolg war wohl die Halbfinal-Teilnahme unserer weiblichen B-Jugend bei der Deutschen Meisterschaft. Die Mädchen schieden kurz nach der Wende erst gegen Magdeburg aus“, berichtet er. Später dann der Aufbau einer starken Damen-Mannschaft, überwiegend gebildet aus dem eigenen Nachwuchs. Unter Trainer Janosch Greinert ging es für das Erfolgsteam hoch bis in die Oberliga, wo ein Sieg im Lokal-Derby gegen den bis heute im Wuppertaler Damen-Handball führenden TV Beyeröhde die Friesenherzen in der Sporthalle am Kothen höher schlagen ließ. Die gut ausgebildeten Handball-Friesinnen waren auch in höheren Spielklassen begehrt. „Da es damals für den Heimatverein eine Ausbildungsvergütung gab, musste ich abwanderungswillige Spielerinnen regelrecht verkaufen. Ich kam mir vor wie ein Menschenhändler“, blickt Rudolf Merz eher mit zwiespältigen Gefühlen auf seine Tätigkeit als „Manager“.

Die Fusion zur SSG Wuppertal
hat Rudi Merz befürwortet

„Zwei Drittel meiner Zeit im Handballsport war angenehm, das andere Drittel eher nicht“, lautet seine gemischte, aber überwiegend doch positive Bilanz. Rundum positiv sah der „alte Friese“ und zweifache Großvater, der Handball noch gern im Fernsehen verfolgt, dann vor rund einem Jahrzehnt die Fusion der Vereine Barmer TG, TSV 1887 und TV Friesen zur heutigen SSG 1863 (dem Gründungsjahr der Barmer Turngemeinde). „Ich habe damals im Haus der Jugend bei der Gründungsversammlung für die Fuison gestimmt, weil ein Großverein erheblich mehr ausrichten kann als drei ehrenamtliche Vorstände.“

Rudi Merz, der sich als gelernter Schriftsetzer selbständig gemacht hatte und 31 Jahre ein eigenes Unternehmen geführt hat, ist heute nur noch bei den Turnieren der Handball-Minis und im Förderverein der SSG tätig. „Im Förderkreis kann man dann mithelfen, Löcher zu stopfen, wenn die Mitgliedsbeiträge dazu nicht ausreichen“, sagt er schmunzelnd.