Wuppertal Messerstecherei in Wuppertal: Noch viele Fragen sind unbeantwortet

Die Ermittler sehen als Motiv der tödlichen Messerattacke in Wuppertal einen Konflikt zwischen zwei Familien, bei dem auch Geschäftsinteressen eine Rolle spielen.

Foto: Katharina Rüth

Wuppertal. Die tödliche Messerattacke vom vergangenen Freitag im Kipdorf ist Gesprächsthema in der Stadt. Viele Fragen sind aber weiterhin unbeantwortet: „Wir ermitteln noch“, sagt der zuständige Staatsanwalt Hauke Pahre.

Selbst der genaue Tatort steht nicht fest: Das Geschehen habe in dem Geschäft am Kipdorf begonnen, sich dann auf die Straße verlagert, so Pahre. Über die Verletzungen und die verwendeten Waffen will er aus ermittlungstaktischen Gründen nichts sagen.

Zum Hintergrund der Tat sagt er: „Das war ein Konflikt zwischen zwei Familien, der wohl schon länger dauert.“ Offenbar sei es dabei auch um geschäftliche Interessen gegangen. Es gebe aber keine Erkenntnisse, dass es sich dabei um illegale Geschäfte handelt.

Die beiden Opfer stammten aus dem Irak, die mutmaßlichen Täter waren Syrer — sowohl die beiden 14 und 16 Jahre alten Jugendlichen, die sich gestellt haben und nun in Untersuchungshaft sitzen, als auch die beiden 23 und 29 Jahre alten Männer, nach denen die Polizei noch sucht.

Die beiden Jugendlichen sind ebenso wie die beiden Opfer Brüder. Die beiden Gesuchten seien dagegen nicht mit den Jugendlichen verwandt, sondern nur bekannt. Die Jugendlichen und einer der gesuchten Männer sind anerkannte Flüchtlinge, bei dem zweiten Mann müssen die Ermittler den Status noch klären.

Die Staatsanwaltschaft plant, die Männer mit einer Öffentlichkeitsfahndung zu suchen. In diesem Zusammenhang warnt die Polizei von privaten Fahndungsmeldungen im Internet, zum Beispiel bei Facebook. Wer solche Fotos veröffentlicht, mache sich möglicherweise strafbar. Die Polizei hat schon zahlreiche Zeugen vernommen. „Wir sind dabei, weitere Zeugen zu nehmen“, so Pahre.

Inwiefern die beiden Jugendlichen „polizeibekannt“ sind, auch darüber gibt es keine konkreten Informationen. Polizeibekannt seien sie ja schon, wenn sie sich bei der Ausländerbehörde melden, gibt Pahre zu bedenken. Ob sie auch Straftaten begangen haben, werde noch geklärt, er bittet um Geduld.

Bei der Frage, wie solche Jugendlichen betreut werden, verweist Hans-Jürgen Lemmer. Leiter des Ressorts Integration und Zuwanderung bei der Stadt, auf die vielfältigen Angebote für Flüchtlinge und Zuwanderer. Dazu zählen die Flüchtlingsbetreuer der Stadt, die noch mal verstärkt worden seien, Ehrenamtler und Migrantenvereine.

Bei Jugendlichen sei es das Wichtigste, dass sie zügig zur Schule gehen können. „Das ist uns trotz des gewaltigen Zugangs weitgehend gelungen.“ Dort beobachteten unter anderem Schulsozialarbeiter die Entwicklung der Jugendlichen.

Jugendamtsleiter Dieter Verst berichtet, dass die Einrichtungen der Offenen Tür viel Zulauf durch junge Geflüchtete haben. Und Flüchtlingsfamilien stünden alle Hilfen zur Erziehung offen — wie Sozialpädagogen, die die Familien bei Konflikten betreuen. In den Stadtteilen seien zusätzliche Stellen für Integrationsarbeit geschaffen worden.

Lemmer betont: „Natürlich gibt es auch eine Welt außerhalb der Angebote.“ Keiner könne gezwungen werden, sie wahrzunehmen. Er berichtet, dass es durchaus Konflikte unter Zuwanderern gibt - „in der Regel weit unterhalb des Messers“. Positiv sei, dass es in Wuppertal keine großen Unterkünfte gebe, wo manchmal Alltagskonflikte in Aggression umschlagen.

Er verweist zudem auf die Erlebnisse, die insbesondere Kriegsflüchtlinge geprägt haben können. Allerdings bewiesen auch tausende Flüchtlinge, dass solche Erlebnisse nicht zwangsläufig zu Gewalttätigkeit führen. Weder er noch die Polizei sehen einen Trend hin zu gewalttätigen Familienfehden in der Stadt.

Das Kipdorf ist nach Auskunft der Polizei als Innenstadtbereich zwar von erhöhter Kriminalität betroffen: „Wo es mehr Menschen gibt, passiert auch mehr“, so ein Sprecher. Aber dieser Bereich der Innenstadt falle nicht mehr auf als andere.