To go Neues Mehrwegsystem funktioniert in Wuppertal nicht wie geplant
Wuppertal · Überprüfung in 30 Restaurants, Imbisse und Bäckereien – wiederverwendbare Verpackungen sind noch die Ausnahme.
Die Umsetzung des neuen Mehrwegsystems in der Gastronomie wird in Wuppertal bislang kaum angenommen. Die Umweltberatung der Verbraucherzentrale NRW hat überprüft, wie es um die Einhaltung der Mehrwegangebotspflicht bei den Wuppertaler Gastronomiebetrieben bestellt ist. Dazu wurden kürzlich 30 Restaurants, Imbisse und Bäckereien besucht, die Essen und Getränke zum Mitnehmen anbieten. Ergebnis: Nur wenige Betriebe setzen die Vorgaben des seit Januar 2023 gültigen Verpackungsgesetzes vollständig um.
Um die Flut an Einwegverpackungen aus Plastik zu verringern, gilt seit Januar 2023 ein neues Gesetz, das Gastronomiebetriebe dazu verpflichtet, neben Einwegverpackungen auch Mehrwegalternativen anzubieten. Ausgenommen von der Verpflichtung sind nur kleine Betriebe mit maximal 80 Quadratmetern und höchstens fünf Mitarbeitern. Allerdings müssen auch sie Speisen und Getränke in Mehrwegbehältnisse abfüllen, die die Kunden selbst mitbringen. Zum Gesetz gehört zudem eine Informationspflicht, das heißt, es muss sichtbare Hinweise auf eine mögliche Mehrwegnutzung geben.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Umsetzung auch sechs Monate nach Inkrafttreten der Regelungen überwiegend nicht funktioniert“, sagt Umweltberaterin Caroline Pilling von der Wuppertaler Verbraucherzentrale. Von den 30 in der Elberfelder Innenstadt besuchten Betrieben hatten nur elf ein eigenes Mehrwegsystem oder nutzten ein sogenanntes Poolsystem, bei dem sie mit einem Anbieter von Mehrwegverpackungen zusammenarbeiten. Hinweisschilder gab es lediglich in fünf Betrieben.
Dazu gehört auch das Café Nordbahntrasse, das von der Wichernhaus Wuppertal gGmbH betrieben wird. „Wir haben uns bereits 2021 mit der Einführung von Mehrwegverpackungen befasst“, sagt Projektleiter Mirsad Dizdarević. „Seit 2022 bieten wir eigene Mehrwegschalen mit unserem Logo und Mehrwegbecher für heiße Getränke an.“ Das Pfand betrage zehn Euro für die Schale und fünf Euro für den Becher. Auf den Tischen sind Aufsteller mit Informationen platziert. „Damit versuchen wir, die Aufmerksamkeit unserer Gäste auf das Thema Umweltschutz zu lenken und sie zu animieren, die Mehrwegbehälter zu nutzen.“ Jedoch seien viele Gäste noch relativ zurückhaltend. „Die Mehrwegbehälter werden meistens von unseren Stammgästen genutzt. Vielleicht braucht es noch Zeit, damit Mehrwegverpackung zum Alltag gehört.“
50 Prozent: Bistro der
Metzgerei zeigt sich zufrieden
Aufklärungsarbeit und mehr Medienpräsenz zur Mehrwegangebotspflicht seien ein wichtiger Bestandteil. „Es braucht definitiv mehr Zeit“, sagt Zayde Torun, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die Gäste würden das Thema registrieren. „Deshalb gehe ich davon aus, dass das Interesse noch so nicht groß ist, das Angebot auch anzunehmen“. Was die Einhaltung des Gesetzes betrifft, würden zwar mehr Kontrollen helfen. „Allerdings sehe ich darin das Problem des öffentlichen Personals, von dem zu wenig vorhanden ist“, so Torun. „Und wenn es dann zu Kontrollen kommt und ein Verstoß festgestellt wird, leiden Betriebe unter den Bußgeldern.“ Eine Verwarnung ohne Bußgeld wäre zunächst besser. Die Verbraucherzentrale kündigte ein Treffen mit den Überwachungsbehörden an, bei dem diskutiert werden solle, inwiefern die Angebotspflicht durchgesetzt und kontrolliert wird.
Sehr zufrieden hingegen ist Niko Kocher von der Metzgerei Kaufmann; die in Wuppertal mehrere Filialen mit Bistros oder einer „heißen Theke“ betreibt, die einen wechselnden Mittagstisch anbieten. „Wir haben Mehrweg nun zusätzlich im Programm und stellen fest, dass 50 Prozent unserer Kunden, die etwas zum Mitnehmen bestellen, auf diese Variante umgestiegen sind.“ Die Metzgerei arbeitet mit dem Mehrweganbieter Recup aus München zusammen. Die Behälter seien spülmaschinen- und mikrowellengeeignet und frei von der Chemikalie BPA, die sich oft in Kunststoffprodukten befindet. Das Pfand beträgt fünf Euro. „Am Anfang haben wir viele Stammkunden darauf hingewiesen“, erzählt Kocher. „Inzwischen ist es so, dass sie die Mehrwegschalen zurückbringen und gegen eine neue austauschen.“ Gerade beim Thema Fleisch müsse man extrem auf Hygiene achten. „Deshalb sammeln wir die zurückgegebenen Behälter und spülen sie in der Gastrospülmaschine, um sicherzugehen, dass alles wieder sauber ist.“ Die Metzgerei werde dennoch weiterhin zweigleisig fahren: „Denn ob jemand Ein- oder Mehrweg für seine Speisen favorisiert, muss jedem selbst überlassen bleiben“.
Schlechte Erfahrungen hat dagegen Christine Ruthe, Inhaberin des Landhaus-Cafés im Honigstal gemacht: „Wir haben einen Vertrag mit einem Lieferanten abgeschlossen. Fazit: Keiner will die Verpackung haben“, bekennt Ruthe. „Wenn die Kunden Pfand für die Becher zahlen sollten, haben alle Abstand genommen.“ Nur wenige der Schalen hätte das Café bisher nutzen können. „Uns ist schon Umsatz entgangen, wir haben aber die Kosten des Systems.“ Eine Alternative wäre, einige Behälter für die wenigen zu besorgen, die „bereit sind, etwas Pfand zu zahlen, zumal Speisen und Getränke bei uns nicht oft zum Mitnehmen bestellt werden“. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer von sieben auf 19 Prozent ab 2024 sei ein viel größeres Problem, betont Christine Ruthe: „Bei einer Rückkehr zu den 19 Prozent werden Gastronomen schlechter gestellt als jedes andere Handwerk.“ Der Grund: „Die tatsächlich an das Finanzamt abzuführende Mehrwertsteuer ist etwa zwölf Prozent höher als bei allen anderen, da auf Speisen für den Einkauf nur sieben Prozent Vorsteuer gezogen werden können.“ Dagegen seien die Probleme mit dem so genannten To-Go-Abo wie ein zerschlagener Teller. „Wir bezahlen es, nutzen es aber gar nicht. Es tut weh, fällt aber existenziell nicht ins Gewicht.“