Drei-Kaiser-Denkmal: Russland ist kein Vorbild
Hardt. Im Interview erklärt Michael Okroy, warum er die Rekonstruktion des Drei-Kaiser-Denkmals kritisch sieht.
Herr Okroy, das Deutsch-Russische Kulturzentrum „Applaus e.V.“ um Liudmilla Gutina setzt sich für die Rekonstruktion des Drei-Kaiser-Denkmals auf der Hardt ein. Sie haben bereits 2012 in einer Podiumsdiskussion gegen diesen Plan Stellung bezogen. Warum erneuern Sie jetzt ihre Kritik?
Michael Okroy: Als ich den jüngsten Artikel zu dem Thema in der WZ las, war ich alarmiert. Ich sehe hinter dem Plan ein staatspolitisches Interesse Russlands, bei dem es auch um die symbolische Vergegenwärtigung vergangener Machtgröße geht. Das Denkmal und seine Wiederherstellung als Ausdruck von Völkerfreundschaft umzudeuten, ist grotesk. Die findet heute auf ganz anderer Ebene statt, zum Beispiel im Rahmen von Städtepartnerschaften.
Gibt es aus Ihrer Sicht einen richtigen Umgang mit diesem Denkmal?
Okroy: Der aus meiner Sicht angemessene Umgang ist eine Konservierung, die den verfallenen Zustand erhält, die Zeitspuren sichtbar macht und aus heutiger Sicht kommentiert.
Wie wäre eine Rekonstruktion des Denkmals auf der Hardt im europäischen Kontext zu bewerten?
Okroy: Das Denkmal erinnert an die Befreiungskriege, die ja immerhin auch das Bild vom „Erbfeind Frankreich“ und einen unguten Nationalismus hervorgebracht haben. Wenn wir uns heute über europäische Verständigung unterhalten, dann können wir doch nicht allen Ernstes ein Denkmal rekonstruieren, das auf einem antifranzösischen Feindbild beruht.
Nach der Idee von Liudmilla Gutina sollen die Wuppertaler Bürger in die Finanzierung einbezogen werden. Was halten Sie davon?
Okroy: Natürlich lockt die Offerte viele Bürger und auch den Kulturausschuss. Aber man muss sich auch klar machen, wer die Spender sind: Gazprom wie auch Russland als Staat sind nicht unbedingt Vorbilder für eine offene und demokratische Zivilgesellschaft. Zudem wird sehr selbstherrlich vom Geldgeber eine Gestaltungshoheit beansprucht. Indem man auf anmaßende Weise unterstellt, die Teilrestaurierung des Jahres 2000 sei dilettantisch ausgeführt, entsteht ein zusätzlicher Druck, das Denkmal in der gewünschten Weise wiederherzustellen. Und weil das wohl teurer werden wird, als man bislang annahm, sollen jetzt die Wuppertaler Bürger einspringen.
Oberbürgermeister Peter Jung hat im Fall der Figuren am Elberfelder Rathaus ein Machtwort gesprochen und die Entscheidung dem Rat übergeben. Sollte er das auch hier tun?
Okroy: Ich bin gegen ein Machtwort, weil das die Diskussion abschneidet. Wir sollten uns vielmehr mit der Botschaft dieses Denkmals befassen und darüber streiten, was für eine Erinnerungskultur wir heute wollen. Und wir sollten Kriterien für die Annahme von derartigen Schenkungen entwickeln. Ich möchte gar nicht wissen, welchen Engels uns China demnächst vor das Historische Zentrum stellen will.