Wuppertal Rundgang führte auf die Spuren des Widerstands

Historiker Stephan Stracke erinnerte an die Geschwister Barmé und das Ehepaar Gerszt.

Foto: Stefan Fries

Elberfeld. „Viele Schicksale sind vergessen“, so Historiker Stephan Stracke, der den Gedenkrundgang im Rahmen des Holocaust-Gedenktages anführte. Unvergessen ist das jüdische Geschwisterpaar Rita und Richard Barmé aus Wuppertal, dessen Geschichte direkt am Ausgangspunkt des Gedenkrundgangs, der Begegnungsstätte Alte Synagoge, erklärt wurde.

Die Geschwister Barmé waren Kinder aus einem wohlhabenden jüdischen Elternhaus, in dem die jüdische Religion keine große Rolle mehr spielte, hatten die Eltern Dina und Benno Barmé ihre Kinder Rita und Richard doch evangelisch-lutherisch taufen lassen. Die Barmés wurden zudem Mitglieder im „Reichsverband nichtarischer Christen“, beziehungsweise des Paulsbundes.

Die Schikanen, denen Benno Barmé nach 1933 ausgesetzt war, zwangen ihn, sein Unternehmen weit unter Wert zu verkaufen und in die Niederlande zu fliehen. Nach dem deutschen Überfall auf die Niederlande verlor die Wuppertaler Familie nahezu ihr gesamtes Vermögen. Die Rassengesetze Nazi-Deutschlands waren für Rita, damals 19 Jahre alt und Richard (18) der Anlass, sich zu politisieren. Rita engagierte sich in Holland im Widerstand, wurde aber bei dem Versuch eine jüdische Familie in die neutrale Schweiz zu bringen 1942 verhaftet und am 15. Dezember in Auschwitz ermordet.

Bruder Richard schloss sich den holländischen Streitkräften in England an, ließ sich zum Funker und Fallschirmspringer ausbilden, sprang über den Niederlanden ab, schloss sich einer Kampfgruppe in Rotterdam an. Später wurde er verhaftet und am 8. März 1945 in Scheveningen erschossen. Für seinen Kampf im Widerstand wurde Richard Barmé von der niederländischen und der englischen Regierung geehrt.

Ein anderes Wuppertaler Widerstandspaar waren die Eheleute Rita und Izchak Gerszt, nach denen eine kleine Grünanlage in der Josephstraße benannt wurde, die das nächste Ziel des Rundgangs bildete. Begleitet auch von Lieselotte Bhatia (Jahrgang 1939), einer Zeitzeugin und Tochter eines Täters. Die alte Dame widmet sich besonders dem Kampf gegen das Vergessen.

Das evangelische Vereinshaus in der Kasinostraße, das nächste Ziel des Rundganges, war 1933 Außenstelle der Gestapo und der Ausgangspunkt unzähliger Nazi-Verbrechen in Wuppertal. Später aber auch der Ort, an dem von einem Spross einer bekannten Auktionator-Familie Vermögenswerte, die man jüdischen Familien „enteignet“ hatte, versteigert wurden.

Stephan Stracke wusste auch zu berichten, dass ein großes Wuppertaler Schuhgeschäft ursprünglich von jüdischen Kaufleuten gegründet worden war jüdische Geschichte birgt. „Es gibt viele Stellen, an denen Gedenktafeln aufgestellt werden könnten und müssten“, so Stracke, der warnte: „Wir müssen uns beeilen, denn bald sind auch die letzten Zeitzeugen beziehungsweise deren Kinder nicht mehr unter uns.“ Den Abschluss bildete ein Besuch an der früheren von-der-Heydt-Gasse hinter der Kaufhof-Filiale.