Vom Bahnhof Steinbeck in den Tod
Die Begegnungsstätte Alte Synagoge erinnerte an 266 Juden, die vor 70 Jahren aus Wuppertal deportiert wurden.
Steinbeck. 266 Menschen waren es. Männer, Frauen und Kinder. Ihr einziges „Verbrechen“: Sie waren Juden. Am 9. November 1941, also vor 70 Jahren, wurden sie vom Bahnhof Steinbeck aus ins Ghetto von Minsk deportiert — eine Reise in den Tod. An ihr Schicksal erinnerte ein Gedenkabend in der Begegnungsstätte Alte Synagoge.
In einem Einführungsvortrag erinnerte Begegnungsstätten-Leiterin Ulrike Schrader an die Ereignisse des 9. Novembers 1941. Es war die zweite von insgesamt vier Deportationswellen in Wuppertal — die erste gab es am 26. Oktober 1941, als 200 jüdische Männer, Frauen und Kinder ins Ghetto der polnischen Stadt Lodz gebracht wurden.
Die Deportation am 9. November führte die Opfer ins weißrussische Minsk, wo von Juli 1941 an 60 000 Juden in ein etwa zwei Quadratkilometer großes Ghetto gesperrt wurden. Um Platz für weitere Juden aus dem deutschen Reichsgebiet zu schaffen, brachten die Besatzer 12 000 nicht mehr arbeitsfähige Einheimische um.
Die jüdischen Wuppertaler, die dorthin deportiert werden sollten, mussten ihre Wohnungen räumen, ihr Hab und Gut abgeben und sich nach Übergabe der Schlüssel und Papiere im Bahnhof Steinbeck einfinden. Jeder musste 100 Reichsmark für seine eigene Deportation bezahlen. Das Geld bekamen Gestapo, die Reichsbahn, der Gerichtsvollzieher und andere Mittäter.
Der Zug, mit den 266 Wuppertalern beladen, fuhr zunächst nach Düsseldorf. Dort wurden weitere hunderte Juden versammelt — und gemeinsam mit den Wuppertalern nach einer Übernachtung in einen Güterzug nach Minsk gepfercht.
Von den 7000 deutschen Juden, die nach Minsk deportiert worden sind, überlebten ganze fünf. Kälte, Hunger und Infektionskrankheiten brachten vielen den Tod — etwa die Hälfte wurde allerdings von deutschen Polizisten ermordet. Beim Gedenkabend in der Begegnungsstätte wurden die Namen der 266 Wuppertaler Opfer verlesen — Männer, Frauen und Kinder. Damit ihr Schicksal nie vergessen wird.