Serie 125 Jahre: Die groß gefeierten Jubiläen der Wupperstädte

Die Vorkriegsjahre waren von zwei Jubiläen geprägt: Elberfeld wurde 300 Jahre alt, Barmen 100 Jahre.

Wuppertal. Dort wo man für die Zukunft „Weisheit und Einigkeit und die Treue gegen Gott und Menschen“ walten sah, stand am 23. Mai 1908 ein Festzelt. Umrahmt von 1.300 Sängern, sollte an dieser Stelle der Grundstein für das neue Barmer Rathaus gelegt werden. Der Zeitpunkt war mit Bedacht gewählt, denn genau 100 Jahre zuvor hatte Barmen mit seinem Ortszentrum Gemarke unter französischer Herrschaft die Stadtrechte erhalten.

Der rasante Aufstieg des Ortes durch die Textilindustrie war zu der Zeit noch gar nicht recht verdaut. Den Alten Markt gab es erst seit 1760, das Städtische Theater seit 1874, eine elektrische Straßenbeleuchtung seit 1889. Und die Kanalisation war gerade erst eingeweiht worden, als die Barmer abermals den Kaiser zu sich baten. Doch Wilhelm II. entsandte an seiner Stelle das Kronprinzenpaar zur Jubiläumsfeier.

Von den misslichen Begleitumständen des Majestätsbesuchs 1900 hatten sich die braven Bürger nicht einschüchtern lassen und wiederum puren Prunk aufgefahren. 37 Gruppen zogen auf Festwagen durch die Stadt, wobei Fabriken, Kirchen, die neue Ruhmeshalle und das künftige Rathaus durch Personen dargestellt wurden. Als Tribut an den Fortschritt der Technik mussten die Wagen in die Breite angelegt werden: Über den Köpfen nämlich schaukelten mittlerweile die Leitungen der elektrischen Straßenbahn. So war es beinahe ein „Fest mit alles“, auch mit dem berüchtigten bergischen Regen, der das geplante Jugend- und Volkssportfest vereitelte. Und was das Rathaus anging, so wurde es mangels Geld, Material und Arbeitskräften erst 1921 fertiggestellt.

Zwei Jahre nach Barmen, Ende Juli 1910, lud Elberfeld zu einem Stadtjubiläum, das die Nachbarn vor Neid erblassen ließ. Allein die 620 Seiten starke Festschrift machte unmissverständlich klar, dass „Die Stadt Elberfeld“ einiges mehr aufzubieten hatte als Barmen — 200 Jahre mehr, um genau zu sein. Wohlhabende Bürger öffneten zu solchem Anlass die Brieftaschen und spendeten enorme Summen für die Ausgestaltung des Festes wie auch für das Gemeinwohl. 80 000 Mark gab allein Friedrich Bayer für die soziale Versorgung der Jugend. Freiherr August von der Heydt stiftete den Gerechtigkeitsbrunnen auf dem heutigen Platz der Republik.

Über fünf Tage zogen sich die Feiern hin, für die die Stadtverwaltung 100 000 Mark beantragt hatte. Nur 60 000 Mark aus öffentlicher Hand wurden benötigt, denn den Löwenanteil der Ausgaben steuerten die Bürger bei. 280 000 Fahrgäste nutzten an den wenigen Tagen die Schwebebahn, 15 000 Besucher verzeichnete der Zoo.

Nach der Mode der Zeit wurden anlässlich der Feier auch Orden vergeben. Einen davon sollte Otto Schell erhalten, Mitarbeiter des Bergischen Geschichtsvereins und des General-Anzeigers. Weil er „nur“ Volksschullehrer war, hatte die Stadtverwaltung für ihn lediglich den „Adler der Inhaber des Hohenzollerschen Hausordens“ vorgesehen. Schell verweigerte diese Auszeichnung, die so gut wie nichts zählte — und glänzte bei der Verleihung mit Abwesenheit.