Buchtipp Was Wohnungseigentümer alles erleben
Krimis mit regionalem Bezug - sei es nun in der Eifel, im Hunsrück oder im Bergischen Land - kommen bei den Lesern seit Jahren sehr gut an. Das Erstlingswerk von Norbert Müller ist ein Buch mit lokalem Bezug und es liest sich an vielen Stellen wie ein Krimi, doch es fließt kein Blut - auch wenn sich die Kontrahenten nichts geschenkt haben.
Norbert Müller hat einen Wirtschaftskrimi geschrieben und darin eigene Erlebnisse verarbeitet, die ihn als Besitzer einer Eigentumswohnung in einem Wuppertaler Wohngebäude mit mehr als 50 Einheiten bis heute in Atem halten.
Unter dem Titel „Wohnungseigentümer - Freiwild für Verwalter?“ berichtet Müller über dubiose Kapitaltransaktionen der Hausverwaltung, inszenierte Gebäudeschäden, zweifelhafte Gutachten, Vetternwirtschaft und Stromdiebstahl, indem die Leitungen für einen Aufzug angezapft wurden. Und das ist so unterhaltsam und zuweilen so sarkastisch geschrieben, dass dem Leser das Lachen im Halse stecken bleibt. So auch wenn Müller die Nachbarschaftsverhältnisse in einer anderen Immobilie beschreibt. Hier führt die Installation einer Satellitenschüssel zu juristischen Grabenkriegen.
„Vorher habe ich nie daran gedacht, ein Buch zu schreiben, bis ich Teil einer Geschichte wurde, die etwas von einem Wirtschaftskrimi hat. Die Namen der Handelnden sind bis auf wenige Ausnahmen anonymisiert, aber was ich beschreibe, das ist alles genauso in einem Wuppertaler Wohngebäude passiert. Ich möchte mit diesem Buch allen, die darüber nachdenken, eine Eigentumswohnung zu erwerben, klar machen, dass es für sie mit dem Kauf und dem Kaufpreis allein nicht getan ist, sondern dass viele Faktoren zu beachten sind“, sagt Norbert Müller.
Als gebürtiger Wuppertaler arbeitete er Jahrzehnte als Key Account Manager im Bereich der Finanzierung von Investitionsgütern. Als Rentner ist er weiterhin als Unternehmensberater tätig, gehört dem Verwaltungsrat des Wuppertaler SV an, ist Dozent in der Erwachsenenbildung und ehrenamtlich als Prüfer bei der IHK und als Schöffe tätig. Seine Tätigkeit als Schöffe hindert ihn aber nicht daran, in seinem Buch die Staatsanwaltschaft zu kritisieren, denn eine Staatsanwältin habe nur wenig Interesse an der Aufklärung gezeigt, obwohl er und seine Mitstreiter aus der Hausgemeinschaft Beweise für Verstöße gegen die Vermögensbetreuungspflicht der Hausverwaltung vorgelegt hätten. In diesem Fall ging es um die stillschweigende Transfusion von Instandhaltungsrücklagen durch die Hausverwaltung von dem einen an ein anderes Bankinstitut. Den Zinsverlust für die Eigentümer berechnet Müller auf 9000 Euro. Das führte zur Trennung von der Hausverwaltung, die dann über mehrere Instanzen vergeblich versuchte, sich wieder einzuklagen.
Norbert Müller beschreibt aus seinem Blickwinkel die Menschen und Ereignisse, da bleibt nur wenig Raum für Zwischentöne. „Ich bin nicht der geborene Diplomat“, sagt er von sich selbst. Allerdings ist es für den Leser sehr gut nachvollziehbar, dass er sich wehren musste. So, als besagte Hausverwaltung eine Dachsanierung mit Kosten in Höhe von 400 000 Euro durchsetzen wollte, obwohl ein von den Eigentümer beauftragter unabhängiger Gutachter die Notwendigkeit dieser großen Investition bestritt und das Dach sich als „knochentrocken“ erwies.
Wer Müllers Buch liest, der lernt eine Menge über Wohnungseigentümerversammlungen und die Eigendynamik von Eigentümergemeinschaften. Der Leser stößt auf Gesetzespassagen, die das Verhältnis der Eigentümer untereinander und zur Hausverwaltung klären. Das ist trockene Materie, aber die ist gut verpackt. Und es wird deutlich, dass es von Vorteil ist, wenn Eigentümer zusammenarbeiten, statt sich das Leben schwer zu machen. „Der Kauf einer Eigentumswohnung ist für viele Menschen die größte Investition ihres Lebens“, gibt Norbert Müller zu bedenken. Allein in Wuppertal gibt es 40 000 Eigentumswohnungen, bundesweit sind es 18,5 Millionen.
Für alle, die noch Besitzer einer eigenen Wohnung werden wollen, könnte es sich tatsächlich lohnen, die Nase in das Buch „Wohnungseigentümer - Freiwild für Verwalter?“ zu stecken - auch wenn dadurch die Vorfreude schwinden könnte.