Comedy Wortgewaltiger Widerstand gegen den alltäglichen Wahnsinn

Beim ersten bergischen Kleinkunstgipfel im Tic sorgten Jens Neutag und Sascha Thamm für unzählige Lachtränen im Publikum.

Poetry-Slammer Sascha Thamm aus Remscheid und Kabarettist Jens Neutag aus Wuppertal.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Da hatte TiC-Chef Ralf Budde definitiv die Richtigen „gematcht“. Beim ersten bergischen Kleinkunstgipfel traf Kabarettist Jens Neutag auf Poetry Slammer Sascha Thamm — und heraus kam ein witziges Doppel, das im voll besetzten Atelier für unzählige Lachtränen sorgte.

Als Neutag und Thamm von ihrer ersten Begegnung kurz vorm Gipfel-Termin berichteten („Wir kannten uns tatsächlich nur vom Namen her.“), wollte man es kaum glauben. Denn Gemeinsamkeiten gibt es einige. Beide sind Anfang der 1970er Jahre geboren und aus Remscheid gebürtig. Dort verbringt Thamm seinen „Lebensabend“ (O-Ton Thamm), während Wahl-Cronenberger Neutag zu Fuß zu seinen Gastspielen im TiC gehen kann.

Die kreativen Köpfe verbindet vor allem der wortgewaltige Widerstand gegen den alltäglichen Wahnsinn. Geschichtenerzähler Thamm war der Fachmann für Anti-Idyllen und trug sie mit verschmitztem Lächeln vor. Egal ob Ausflug an die Bevertalsperre oder Urlaub an der Ostsee — was harmlos anfängt, endet gern mal katastrophal. Wenn etwa Sascha und seine Kumpels am Talsperren-Lagerfeuer naturwissenschaftliche Experimente durchführen. „Was passiert wohl, wenn ich diese ungeöffnete 1-Liter-Dose Faxe in die Glut lege?“ Die darauffolgende Explosion liefert eine klare Antwort. Auch die „Ostseeimpressionen“ fallen eher gemischt aus. Das Meer ist voller Quallen, und am Strand tummeln sich nervige Zeitgenossen.

Ganz in der Nähe blieb Thamm mit seiner Hommage an den Wuppertaler Zoo. Kaum hatte er das „Flusspferd Lina“ erwähnt, ging ein Raunen der Erinnerung durch den Saal. So wohl wie seine Zuhörer fühlte sich auch der Vorleser. „Ach, das macht aber Spaß hier“, meinte Thamm — und ging gleich den nächsten Text an.

Neutag machte mit Ausschnitten aus seinem aktuellen Programm „Mit Volldampf“ gute Laune. Auf das Sommerloch-Thema „Integration“ warf er einen ungewohnten Blick. Ob die Gesellschaft Teilnehmer von feucht-fröhlichen Junggesellenabschieden integrieren könne — das sei die Frage. Neutag stellte sie als Betroffener, leide er doch unter „Bierdosenintoleranz“. Betriebsfeiern, bei denen sich kulinarische und kulturelle Geschmacklosigkeiten ergänzen, bekamen ebenfalls ihr Fett weg. Auf jeden Fall, versicherte Neutag, werde er bei diesen „nimmersatten Außerirdischen“ nicht mehr auftreten.

Ein echtes Dorn im Auge war Neutag das Sicherheitsdenken. Statt Freiheiten zu genießen, stellte er fest, gehe es vielen darum, jedes Risiko zu vermeiden. Als Opfer dieses Wahns sah er vor allem die Kinder, die nicht mal mehr unbekümmert im Sandkasten spielen dürften. Neutag winkte ab. „Ich hör’ sicherheitshalber mal lieber auf.“

Nach gut zwei Stunden wollte das Publikum aber gern noch mehr hören. Also traten die beiden zu einer gemeinsamen Zugabe an. Neutag schüttelte einen Lieblingswitz seines kleinen Sohnes aus dem Ärmel. Thamm, der andere Papi auf der Bühne, hatte mit einem Gedicht die Lacher auf seiner Seite.

Am Dienstag, 2. Oktober, treten Jens Neutag und seine Kollegen von der Talfahrt bei der ersten RSC-Comedy-Nacht auf. Weitere Gäste in der Alfred-Henckels-Halle sind Jens Heinrich Claassen und Marc Breuer. „Special guest“ ist Oberbürgermeister Andreas Mucke. Einlass ist ab 19.30 Uhr. Der Eintritt kostet 18 Euro, RSC-Mitglieder zahlen 16 Euro. Karten gibt es unter

wuppertal-live.de