Wuppertal räumt auf — und wird vom nächsten Wolkenbruch erwischt
Die Stadt kommt nicht zur Ruhe. Nach Starkregen musste die Feuerwehr am Freitag zu rund 100 Einsätzen ausrücken.
„Nicht schon wieder!“ Das werden viele Wuppertaler gedacht haben, als der Himmel am Freitag gegen 16 Uhr seine Schleusen öffnete. Wieder standen Straßen unter Wasser, liefen Keller voll. Wieder heulten die Sirenen der Einsatzfahrzeuge, wieder stieg die Wupper bedrohlich an. Doch diesmal traf das Unwetter vor allem Elberfeld. Das Fest Barmen Live wurde gestern gegen 18.53 Uhr trotzdem aus Sicherheitsgründen vorzeitig beendet. Am heutigen Samstag soll es normal weitergehen.
Der 29. Mai 2018 wird als schwarzer Tag in die Stadtgeschichte eingehen. Am Dienstag fielen in 90 Minuten mindestens fünf Milliarden Liter Regenwasser, die höchste je in der Stadt gemessene Niederschlagsmenge. Der Regenschreiber auf der Hardt verzeichnete von 14.30 bis 16 Uhr 100 Liter pro Quadratmeter. Das Unwetter entsprach auf einer Skala von 1 bis 12 der Stufe 11 „extrem“ des Starkregenindexes. Nur bis Stufe 4 ist das Kanalnetz in der Lage, das Regenwasser optimal aufzunehmen.
Die Stadtwerke, die AWG und die Westdeutsche Zeitung wollen allen, die das Unwetter am Dienstag und gestern getroffen hat, Mut machen. Unter dem Motto: „Wuppertal räumt auf“ werden am heutigen Samstag und am Sonntag sowie am folgenden Wochenende Sperrmüll-Sondertouren gefahren, um den Müll abzufahren. Außerdem können Hausbesitzer den Schlamm, der nach dem Hochwasser in ihren Kellern zurückgeblieben ist, in geeigneten Behältern bei den fünf Recycling-Höfen der Stadt kostenlos abgeben.
AWG-Geschäftsführer Martin Bickenbach erhielt Hilfsangebote aus vielen Städten. „Wir konnten gar nicht alle annehmen und freuen uns sehr, dass am Wochenende Müllwerker aus Münster, Herne, Bochum, Remscheid und Solingen mithelfen. Somit gehen wir inklusive unserer Fahrzeuge an diesem Wochenende mit 25 Sperrmüllwagen in den Einsatz.“ Ab 7 Uhr können die Hausbesitzer am heutigen Samstag und am Sonntag die unwetterbedingt beschädigten Gegenstände vor ihrem Haus abstellen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Das gilt auch für das kommende Wochenende.
Das Unwetter erwischte die Stadt an ihren empfindlichsten Stellen auf der Talsohle in Elberfeld und Barmen sowie im Uellendahl. Tausende Keller liefen voll. Während auf den Straßen dank des Einsatzes des Eigenbetriebs Straßenreinigung (30 Tonnen Schutt wurden abtransportiert) der Feuerwehr und des THW kaum noch Spuren dieses Unwetters zu sehen sind, sieht es unter der Erde düsterer aus.
Den Wuppertaler Stadtwerken steht die Bestandsaufnahme des Kanalnetzes und seiner 200 Sonderbauwerke mit automatischen Kameras noch bevor. Ein Lichtblick: Der Wuppersammler soll die Wassermassen unbeschadet überstanden haben. „Kein Kanalsystem in Deutschland ist für ein solches Starkregenereignis ausgelegt“, sagt Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der WSW GmbH. Um ein System für ein derartiges Unwetter vorzuhalten, müssten Milliarden Euro investiert werden, gibt Feicht zu bedenken. Das sei im Hinblick auf die daraus resultierenden Gebühren keine Lösung. 20 Trafostationen wurden überflutet, es gab Kurzschlüsse. „In einigen Fällen kam es zu stundenlangen Abschaltungen und Stromausfällen. Bevor die Feuerwehr das Wasser abpumpen konnte, mussten wir die Räume spannungsfrei schalten“, erklärt Dirk Aschenbrenner von der WSW Netz GmbH.