„So viel Regen wie in einem Monat“
Ulrike Zenker, Meteorologin beim Deutschen Wetterdienst (DWD), erklärt, wie es zu dem Unwetter gekommen ist.
Das Unwetter von Dienstag wird weitreichende Folgen haben und die Stadt und ihre Bewohner lange beschäftigen. Aber wie ist es entstanden und wird so etwas in Zukunft öfter passieren — vielleicht wegen des Klimawandels? Darüber sprachen wir mit der Diplom-Meteorologin Ulrike Zenker vom Deutschen Wetterdienst in Essen.
Wie schätzen sie das Unwetter von Dienstag ein?
Zenker: Aus meteorologischer Sicht war das ein extrem heftiger Starkregen. Das sind Regenmengen von mehr als 40 Liter pro Quadratmeter in der Stunde oder mehr als 60 in sechs Stunden. Mit knapp 80 Litern in etwa eineinhalb Stunden war das in Wuppertal definitiv der Fall.
In welchem Zeitraum fällt so eine Menge denn normalerweise?
Zenker: Sonst fällt die Menge Regen in ein oder zwei Monaten. Im Frühjahr sind solche Regenmengen aber eher ungewöhnlich, solche Ereignisse passieren sonst eher im Sommer. Wobei der Mai ja auch schon wärmer ist als üblich.
Woran liegt das? Klimawandel?
Zenker: Solche extrem heftigen Starkregen kommen schon öfter vor. Ganz ungewöhnlich ist so etwas nicht. Wobei sie mittlerweile öfter passieren. Da spielt der Klimawandel sicher eine Rolle. Aber es ist schwierig, jedes Unwetter damit zu begründen.
Angesichts der Schäden hat man aber schon den Eindruck, dass etwas ungewöhnliches passiert ist.
Zenker: Wie gesagt: Solche Ereignisse kommen öfter vor — in ganz Deutschland. Für Wuppertal und dass es genau Wuppertal trifft, ist es bestimmt ungewöhnlich. Aber es ist eben eine Frage, wo solche Wetterereignisse passieren und wie dicht die Gebiete besiedelt sind, wie sehr sie verbaut sind. In Regionen mit mehr Grünflächen, auf denen das Wasser sich verteilen kann, hätte es solche Schäden und solche Bilder eben nicht gegeben.
Lässt sich das Unwetter als Vorbote für den Sommer sehen?
Zenker: Nein, das muss nichts heißen. Die Gesamtwetterlage kann sich noch komplett umstellen. Der Sommer kann auch kühl und dauerhaft nass werden, ohne dass es noch einmal zu solchen Regenmengen in so kurzer Zeit kommt.
Wie ist es denn zu dem Unwetter gekommen? Wie ist es entstanden?
Zenker: Der Ursprung war feuchtwarme Luft, die aus dem Süden gekommen ist. Die war sehr labil geschichtet, also im Prinzip sehr gewitterträchtig. So haben sich sogenannte Gewittercluster am Rande des Berglands gebildet, die sich im Tal ausgeregnet haben. Gleichzeitig bildeten sie aber immer neue Gewitter, die nachgezogen sind.
Es wirkte, als hingen die Wolken im Tal fest. Warum hat sich das Gewitter nicht bewegt?
Zenker: Dadurch, dass es nur schwache Winde in der Höhe gegeben hat, konnten sich die Gewittercluster kaum bewegen und haben sich an den immer gleichen Stellen ausgeregnet.
War das vorher abzusehen?
Zenker: Es gab natürlich eine Vorabinformation, dass es in NRW, Hessen und Rheinland-Pfalz so stark regnen könnte. Wo genau es aber dann passiert, war vorher nicht klar. Das können Sie sich vorstellen, wie in einem Kochtopf. Man weiß, dass das Wasser darin kochen wird, aber nicht, wo genau die ersten Blasen hochkommen. Wir können die Gebiete eingrenzen, aber es kann sich innerhalb des Gebietes immer anders entwickeln.
Wird es in den kommenden Tagen wieder so stark regnen?
Zenker: Für Donnerstag und Freitag sind wieder Gewitter mit Starkregen angekündigt. Ob aber Wuppertal wieder in so einem Ausmaß betroffen sein wird, ist nicht abzusehen.