Nach Sparzwang: Mehr Geld für Kultur - NRW stärkt Theater und Orchester

Die Förderung von Kultur der 18 Kommunen in NRW mit entsprechenden Einrichtungen wird bis 2022 schrittweise mehr als verdoppelt. Die Unterstützung ist allerdings an Bedingungen geknüpft.

Foto: Andreas Bischof

Düsseldorf. Wenn es mehr Geld gibt, sind die Gesichter meist zufrieden. Am Mittwoch waren sie auch erleichtert — denn die Entscheidung der Landesregierung, die Förderung der 18 theater- und orchestertragenden Kommunen in NRW schrittweise deutlich auszuweiten, ist ein Befreiungsschlag für den kommunalen Kulturbetrieb, der seit Jahren unter extremem Sparzwang leidet.

Magere 19,5 Millionen Euro stellte das Land den kommunalen Theatern und Orchestern im vergangenen Jahr zur Verfügung. Bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2022 soll diese Basisförderung schrittweise auf 40 Millionen Euro mehr als verdoppelt werden. Schon in diesem Jahr gibt es sechs Millionen Euro mehr. Daneben kündigte Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) noch eine jährliche Zusatzförderung für besondere Projekte an, die von 2,5 Millionen Euro (2019) auf jährlich zehn Millionen Euro (2022) steigen soll. In Summe investiert NRW über die gesamte Legislaturperiode 90 Millionen Euro zusätzlich in die kommunale Theater- und Orchesterlandschaft.

Pfeiffer-Poensgen versprach, das sei alles nur „ein erster Schritt in einer langfristigen Entwicklung“. Auch nach 2022 müsse dieser Prozess weitergehen, denn es handele sich immer noch um einen überschaubaren Betrag. „Wir wollen eine Trendwende herbeiführen.“

Aktuell trägt das Land nur etwa fünf Prozent zum jährlichen Zuschussbedarf der Theater und Orchester in Höhe von 400 Millionen Euro bei. Durch die angekündigte Ausweitung der Förderung soll er auf zehn Prozent wachsen. Und die Kommunen wünschen sich noch mehr: „Unsere Zielmarke sind 20 Prozent“, sagte Klaus Hebborn, Kulturdezernent des Städtetages NRW. Damit wäre NRW im Bundesschnitt immerhin Mittelfeld. Laut Hebborn steuert Niedersachsen 40 Prozent der Zuschüsse bei, Baden-Württemberg 31 und Bayern immerhin noch 25.

Die Ministerin knüpft die steigende Unterstützung allerdings an Bedingungen. Zum einen dürfen die Kommunen im Gegenzug nicht ihre kommunale Förderung zurückfahren. „Sonst wäre das ja ein Nullsummenspiel.“ Zum anderen sollen sie sich „engagiert zu den Tariferhöhungen verhalten“. Sonst werde der künstlerische Etat schnell durch die Personalkosten aufgefressen.

Hebborn begrüßte die Erhöhung der Landesförderung im Namen der Kommunen als „dringend notwendig“. Die Aufsplittung in eine Basis- und eine Projektförderung entspreche der Forderung des Städtetages, die Theaterlandschaft einerseits zu stabilisieren und andererseits eine Weiterentwicklung und Profilierung zu ermöglichen. Für die Projektförderung wird es nach Aussage von Pfeiffer-Poensgen möglichst wenig Vorgaben des Landes geben.

Die bisherige gewachsene Verteilung der Landesmittel soll zumindest erst einmal bei der Aufstockung nach einem neuen Indikator erfolgen: Nicht mehr die Betriebs-, sondern die Personalkosten sind entscheidend. Das bisherige System führte dazu, dass einige Kommunen nur drei Prozent der nötigen Zuschüsse vom Land erhielten, andere aber bis zu 18 Prozent. Diese Unterschiede sollen schrittweise reduziert werden.

„Das ist ein Moment, auf den wir sehr lange gewartet haben“, freute sich der Aachener Generalintendant Michael Schmitz-Aufterbeck, Sprecher der Ständigen Konferenz der Intendanten. „Seit 2011 ist da nichts mehr passiert.“ Die Erhöhung der Förderung könne den Theatern die Freiheit geben, „über die Profile unserer Arbeit nachzudenken“, statt wie bisher nur um die Bewahrung des Bestandes zu kämpfen. Denn der Druck werde noch wachsen, weil die Gehälter von Gastkünstlern seit Jahren nicht erhöht worden seien. „Und ein junger Künstler lebt immer noch im prekären Bereich.“ Laut Ministerin Pfeiffer-Poensgen verdient ein junger Schauspieler auch nach der jüngsten Tariferhöhung trotz abgeschlossenen Hochschulstudiums nur 2000 Euro brutto im Monat.

Auch die freie Szene wird nicht leer ausgehen. Entsprechende Pläne der Landesregierung werden am 7. Juni im Kulturausschuss und am 25. Juni im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt.