Polizei verschickt anonyme Briefe
Im Prozess um die Springmann-Morde berichteten Polizisten von Vernehmungen des Sohnes des getöteten Paares.
Bei den Ermittlungen zur Ermordung des Springmann-Paars hat die Polizei auch fingierte anonyme Briefe verteilt. Das wurde am 14. Verhandlungstag am Mittwoch bekannt. Dabei ging es erneut um Vernehmungen des Sohns.
Der Sohn will nicht vor Gericht aussagen, erlaubt aber die Verwertung seiner Aussagen bei der Polizei. Drei Vernehmungsbeamte berichteten daher gestern von ihren Gesprächen mit dem Sohn. Deutlich wurde unter anderem, wie ambivalent dieser auf den Verdacht gegen seinen Sohn — den Enkel der Ermordeten — reagierte.
So habe er einerseits mehrfach gesagt, dass er seinem Sohn einen Mord nicht zutraue. Andererseits habe er den Polizisten von einem gewalttätigen Angriff seines Sohns auf sich im Zuge im Zuge seiner Trennung von seiner Ex-Frau berichtet und in diesem Zusammenhang von dem Verdacht eines fingierten Einbruchs. Und er habe auch davon gesprochen, dass er seine Mutter Christa Springmann mal vor einer möglichen Vergiftung gewarnt habe.
In einer Vernehmung hat er laut Aussage des Beamten auch über den möglichen Tathergang spekuliert. Unter anderem dass die Tat im Zusammenhang mit einem „schlechten Umgang“ stehe, die sein Sohn pflege. Und dass er sich vorstellen könne, dass sein Sohn den Mitangeklagten als Geschäftspartner vorstellen wollte, es zu Gewalt kam und das Treffen „aus dem Ruder“ lief. Nachdem er in Medien von dem SEK-Einsatz gegen den Mitangeklagten erfahren hatte, habe er auch die Möglichkeit erwähnt, dass eine „kriminelle Organisation“ mit dem Mord zu tun haben könnte.
Thema wurde auch, dass er den möglichen Verdacht gegen den Enkel bestätigt gesehen habe durch einen anonymen Brief, über den in der Vernehmung gesprochen wurde. Dieser war wohl in seinem Briefkasten und in dem seiner Ex-Frau gefunden worden. Darauf wurde der Name des Enkels genannt, gefolgt von der Frage „warum nur?“.
„Der war von uns erstellt“, sagte einer der Polizisten. Die Verteidiger des Enkels fragten nach, ob diese „ermittlungstaktische Maßnahme“ dem Sohn aufgedeckt wurde. Dass dies nicht geschehen war, kritisierten sie: Dadurch seien dessen Spekulationen beeinflusst worden.
Besprochen hatten die Beamten mit dem Sohn auch mögliche Reaktionen Enno Springmanns auf die Information, dass der Enkel nicht studiert. Ein Polizist sagte: „Da war der Satz: ,Wenn er es erfahren hätte, wäre ihm wohl das gleiche passiert wie ihm’“ — dem Enkel hätte ebenfalls ein Abbruch der Beziehung gedroht, wie das Enno Springmann auch bei ihm als Sohn gemacht habe. „Er sagte, dass sein Vater in der Beziehung absolut radikal gewesen ist.“
Auch den Wert dieser Aussage zogen die Verteidiger in Zweifel. Der Sohn sei denkbar ungeeignet, etwas über den Charakter seines Vaters auszusagen, da er ihn zwanzig Jahre nicht gesehen habe. Anwalt Klaus Bernsmann kritisierte, dass im Prozess bisher nur Aussagen anderer über Enno Springmann zur Sprache gekommen seien. Diese beleuchteten aber nur, wie sich Enno Springmann anderen gegenüber dargestellt habe. „Uns fehlt hier ,die Gestalt des Enno Springmann’“, sagte er, eine psychologische Analyse.
Kurz berührt wurde auch die Frage, was mit der Tageszeitung der Springmanns an dem Tag geschah, als der Mord entdeckt wurde. Darüber hatte der Sohn nach Angaben eines Polizisten mit seiner Ex-Frau gesprochen, die den Springmanns im Haushalt half.
Der Sohn hatte den Beamten berichtet, dass seine Ex-Frau einmal sagte, sie habe an dem Tag keine Tageszeitung im Briefkasten gefunden — Enno Springmann habe diese wohl schon geholt. Dann habe sie gesagt, dass sie nicht in den Briefkasten gesehen habe. „Wir sind dann nicht darauf eingegangen, auf diesen Widerspruch“, sagte der Polizist.