100-Jähriger überfährt 88-Jährige an Bushaltestelle
Wetzlar (dpa) - Ein 100 Jahre alter Autofahrer hat in Hessen einen tödlichen Unfall verursacht. Er hatte eine 88 Jahre alte Fußgängerin in Wetzlar angefahren, die später an ihren schweren Verletzungen in einer Klinik starb.
Die Frau war nach ersten Erkenntnissen der Polizei aus einem Bus gestiegen und hinter dem Fahrzeug auf die Straße gelaufen. In der Gegenrichtung fuhr der Greis mit seinem Auto und erfasste die 88-Jährige. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Noch sei unklar, welche Rolle das Alter des Fahrers spiele, sagte ein Polizeisprecher am Freitag.
Beamte stellten den Führerschein des 100-Jährigen sicher, außerdem wurde ihm Blut abgenommen. „Wir haben Hinweise darauf, dass er Medikamente einnimmt.“ Geklärt wird nun, ob die Arzneien das Verhalten des Mannes beeinflusst haben. Ein Unfallgutachter soll zudem untersuchen, ob der 100-Jährige den Aufprall hätte vermeiden können oder ob die Schuld bei der Fußgängerin liegt.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind Autofahrer ab dem Alter von 65 Jahren zwar seltener an Unfällen beteiligt als jüngere Verkehrsteilnehmer. Aber wenn es kracht, gehörten die Älteren häufiger zu den Verursachern. Auch 18- bis 24-Jährige sind oft an Unfällen beteiligt - allerdings liegen keine Zahlen vor, die sich direkt vergleichen lassen.
Eine Statistik für das Jahr 2011 kommt zu dem Ergebnis: „Sofern über 64-jährige Pkw-Fahrer in einen Unfall verwickelt waren, trugen sie sehr häufig (67 Prozent) die Hauptschuld. Bei den mindestens 75-Jährigen wurde sogar drei von vier unfallbeteiligten Pkw-Fahrern die Hauptschuld am Unfall zugewiesen (76,3 Prozent).“
Ältere Autofahrer fahren nach Expertenangaben jedoch besser als viele meinen: Bei zahlreichen Unfällen sei nicht das Alter das Problem, sondern das Verhalten der Fahrer, erklärte ein Sprecher des Auto Clubs Europa (ACE). „Man kann nicht sagen, der typische Geisterfahrer ist ein seniler Alter.“ Auch junge Fahrer seien unaufmerksam.
Die Führerscheinabgabe ab einem bestimmten Alter hält der ACE nicht für sinnvoll. Ärzte und Angehörige älterer Autofahrer sollten diese auf eine mögliche eingeschränkte Fahrtüchtigkeit hinweisen und das Thema nicht tabuisieren.
Auch das Bundesverkehrsministeriums wollte nicht pauschal ältere Autofahrer für eine höhere Zahl von Verkehrsunfällen verantwortlich machen. „Fahrtauglichkeit ist keine Frage des Alters, sondern des Gesundheitszustandes“, betonte ein Sprecher. Das Ministerium wolle für Senioren am Steuer weiterhin keine Gesundheitsuntersuchung ab einem bestimmten Alter vorschreiben. Der Sprecher warb zugleich für freiwillige Checks, mit denen sich Autofahrer bei Hausärzten untersuchen lassen könnten.