100 Jahre Erster Weltkrieg: An der Front ist Krieg, im Rheinland gilt Sonntagsruhe

So regelte die Politik im August 1914 den Alltag im Weltkrieg. Ein Sitzungsprotokoll der Stadtchefs gibt darüber Aufschluss.

Foto: Archiv

Düsseldorf. An der Front in Belgien und Frankreich ging es im August 1914 bereits um Leben und Tod, in der Heimat hingegen um Arbeitsplätze, rationiertes Benzin und die Sonntagsruhe. Mehr schlecht als recht stolperte die regionale Politik vor 100 Jahren in den Ersten Weltkrieg.

Foto: Archiv

Fest war der Glaube daran, dass Frankreich in wenigen Wochen oder Monaten besiegt sei und die Soldaten zu Weihnachten wieder unter dem heimischen Baum. Das zeigen historische Protokolle zum ersten Treffen der Landräte und Oberbürgermeister, die sich unter dem Vorsitz des Düsseldorfer Regierungspräsidenten Francis Kruse am 22. August 1914 in Düsseldorf trafen.

Der Krieg kam für viele zur Unzeit: Die Bauern bereiteten sich auf die Ernte vor und hatten schon mit den ersten Kriegsfolgen zu kämpfen. Denn nachdem Österreich-Ungarn gegen Serbien mobilgemacht hatte, waren Hunderte Männer eingezogen worden, die im Rheinland als Erntehelfer angeheuert hatten. Anfang August nun waren auch rheinische Bauern, Arbeiter und Beamte zu den Waffen gerufen worden. Das alltägliche Leben drohte ohne sie aus den Fugen zu geraten.

Entsprechend verfügen Kruse und seine Kollegen direkt als ersten Punkt die Unterstützung der Familien der zum Kriegsdienst eingezogenen Mannschaften. Zugleich appellieren sie an die Wirtschaftsbetriebe, in der aufkommenden Absatzkrise keine Stellen zu streichen, sondern ganz im Gegenteil neue Arbeitsplätze zu schaffen. „Die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsgelegenheiten ist die bei weitem wichtigste Aufgabe“, vermerkt das Sitzungsprotokoll, das heute im Wuppertaler Stadtarchiv lagert.

Zugleich machen sich die zu Kriegsbeginn am 1. August 1914 verhängten Beschränkungen bereits bemerkbar: Das Benzin ist rationiert, der Telefonverkehr beschränkt, und in den Läden herrscht eine Höchstpreisgrenze, um Wucher vorzubeugen. Das alles sollte im Regierungsbezirk nun wieder aufgehoben werden — es schadete der Wirtschaft.

Schranken galten fortan auch für die veröffentliche Meinung und Gaststätten: „Es soll Präventivzensur geübt werden“, so der Erlass. Das Militär legte fortan fest, was die Öffentlichkeit erfahren durfte — Meldungen über eigene oder feindliche Armeen und Flotten gehörten nicht dazu. Derweil wurde die Polizeistunde für den Alkoholausschank auf zehn Uhr gesenkt und sollte für die Kriegsdauer auch für geschlossene Vereine gelten.

Zugleich spricht in jener Zeit Chauvinismus aus dem Dokument der kaiserlichen Beamten: „Die Behandlung der Ausländer hängt, soweit nicht besondere Anweisungen ergangen sind, davon ab, ob sie als lästig oder verdächtig in irgend einer Hinsicht anzusehen sind.“

Selbst im Krieg sollte alles seine feste Ordnung haben. So vermerkt der Protokollant unter Punkt zehn: „Auf Anfrage wurde festgestellt, dass über die Sonntagsruhe die Bestimmungen des § 105 unverändert gelten.“ An der Front konnten die Soldaten davon zu diesem Zeitpunkt bereits nur noch träumen.