Gerst: Nichts kann Leben auf der Erde ersetzen

Köln (dpa) — Am Morgen hat Alexander Gerst seinen Muskelumfang gemessen. Um zu testen, ob er durch die Schwerelosigkeit im Weltraum an Muskelmasse verliert. Doch er gibt Entwarnung: „Wir haben gesehen, dass wir sogar Muskeln aufgebaut haben.“

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Die täglichen zwei Stunden auf dem Laufband machen sich also bezahlt. Dank ausgeklügelter Trainings sieht der 38-Jährige daher keinen Grund, warum Menschen in Zukunft nicht auch über einen längeren Zeitraum im Weltraum leben könnten.

Am Freitagnachmittag hat sich der deutsche Astronaut an Bord der Internationalen Raumstation (ISS) 20 Minuten Zeit genommen, um die Fragen von 40 Facebook-Nutzern im Live-Videostream zu beantworten. Das Event hatte die Europäische Weltraumorganisation Esa gemeinsam mit dem sozialen Netzwerk organisiert.

Nach drei Monaten im All, fernab der Zivilisation, sieht Gerst fröhlich und ausgeglichen aus. Mit einem Mikrofon in der Hand schwebt er vor der Kamera, dreht sich zwischendurch völlig schwerelos einmal auf den Kopf und wieder zurück, um seine Erfahrungen anschaulich zu machen. Aber die Schwerelosigkeit hat auch ihre Tücken, wie er auf die Frage einer Teilnehmerin erklärt: „Am Anfang habe ich mal eine Tasche aufgemacht und plötzlich sind ungefähr 20 Dinge um mich herumgeflogen.“ Die Arbeit auf der ISS erfordert daher viel Organisation: „Man muss genau aufpassen, wo man seine Dinge hintut.“

Gerst ist ein Astronaut zum Anfassen. Er ist der dritte Deutsche an Bord der ISS und der erste, der seine Erfahrungen so regelmäßig über soziale Medien mit dem Rest der Welt teilt. Fast täglich postet er auf Facebook und Twitter Bilder aus 400 Kilometern Höhe. Vulkane, Ozeane, der Nil oder malerische Wolkenfelder: „Ich habe das Gefühl, alles ist viel viel viel kleiner, als ich je gedacht habe“, sagt Gerst. „Du siehst aus dem Fenster und siehst Australien und zur selben Zeit siehst du Südamerika und Afrika. Für mich sieht es von hier oben aus, als wäre alles miteinander verbunden.“

Seine Fans danken es ihm. Eine Facebook-Nutzerin schreibt auf seiner Seite: „Alexander, du entwickelst dich zum 'Space-Entertainer'...Ich freu mich auf jeden Post!“ Für Andreas Schepers von der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) trägt Gerst dazu bei, dass es einen Generationenwechsel innerhalb der Raumfahrt-Interessierten gibt: „Heute erreichen wir über soziale Netzwerke sowohl die Nerds, die sich wirklich für Raumfahrt interessieren, aber auch ein ganz anderes Publikum, das zum Beispiel einfach die Fotos toll findet.“