100 Tage auf dem Kölner Dom
Michael Hauck ist der neue Dombaumeister. Auf ihn wartet in den kommenden Jahren viel Arbeit.
Köln. Michael Hauck ist kein Schwärmer. Immer noch nicht. Aber in den ersten 100 Dienst-Tagen hat sich beim Kölner Dombaumeister etwas verändert. Am Anfang hat er den Dom nur gesehen. Jetzt spürt er ihn. Das Bauwerk und seinen Organismus. Je tiefer er reinschaut, desto stärker wird dieses Gespür. „Es fühlt sich gut an“, sagt der Mann auf dem Weg durch den Dom, nach oben.
Mit dem Aufzug, zu Fuß durchs Innere des Dachs, dann über die Wendeltreppe — bis einem schwindelig wird. Die Dimension des Kölner Doms erschließt sich erst richtig auf diesen verborgenen Wegen durch die Architektur, die Kurzbesuchern verschlossen bleibt.
Hauck ist ein bodenständiger Mensch. Der gebürtige Bayer hat lange in Passau gelebt. „Wenn es nicht der Dom gewesen wäre, hätte mich da nichts weggebracht“, sagt der 52-Jährige. Passau und der Dom St. Stephan — seit 1988 leitete er dort die staatliche Dombauhütte.
Maßgeblich war er auch am Restaurierungskonzept für die Frauenkirche in München beteiligt. München habe auf ihn anonym gewirkt. Köln sei anders. „Die Kölner besingen den Dom und schunkeln“, sagt er. Und dass der Manager eines großen Unternehmens sich bei der Heimkehr von Dienstreisen erst zum Dom und dann nach Hause fahren lässt, bringt den ruhig und sachlich wirkenden Hauck zum Schmunzeln. Die Kölner und ihr Dom eben.
Hauck ist ein sportlicher Typ. Oben auf der Plattform des Vierungsturms angekommen, muss er nicht nach Luft schnappen. Die Aussicht auf den Dom und die Stadt sind atemberaubend.
Von hier sieht der Dombaumeister, was noch alles zu tun ist. Die Verstrebungen an den filigranen Fialtürmchen müssen ausgebessert werden. Sie sind wichtig für die Statik. 50 Jahre wird die Maßnahme dauern. „Gleichgültig, was man anpackt. Hier ist immer gleich alles gigantisch groß. Das liegt am Objekt“, sagt er wieder sehr nüchtern und grinst.
Es kommt nicht von ungefähr, dass die Wahl des Domkapitels auf ihn gefallen ist. Nachdem sich seine Vorgängerin Barbara Schock-Werner eher um die Innensanierung des Doms gekümmert hat, ist jetzt die notwendige Außensanierung dran.
Hauck ist Handwerker, Restaurator und Kunsthistoriker, aber eben vor allem Spezialist für Stein. Die Dom-Steinmetze in der Dombauhütte freut das besonders. „Seit 500 Jahren endlich wieder ein Steinmetzmeister als Chef“, hätten sie ihn begrüßt und ihm ein Privileg eingeräumt: „Ich darf sogar Bayerisch reden.“
Vorfreude spürt man, wenn er über die anstehenden Arbeiten an den mittelalterlichen Bauteilen an Chor und Südturm spricht. „Im Mittelalter sind die Steinmetze an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gegangen“, sagt er. Die Arbeiten am Dom sieht er als Herausforderung. Ob er sie als Dombaumeister abschließen wird? 20 Jahre wird das dauern. „Das kann knapp werden“, sagt er und lacht.