Fan-Beerdigungen: Schalke für immer und ewig
1904 Plätze gibt es auf dem Fan-Grabfeld in Gelsenkirchen. Wenn die Liebe zum Verein stärker ist als der Tod.
Gelsenkirchen. „Blau und weiß ein Leben lang“, lautet der gesungene Schwur der Fans von Schalke 04 im Stadion. Und manchen ist ihr Verein so wichtig, dass sie auch nach dem irdischen Leben mit Schalke eng verbunden bleiben wollen — im blau-weißen Grab auf dem Gelsenkirchener Schalke-Friedhof.
1904 Grabfelder für Särge und Urnen hat das einem Stadion nachempfundene Grabfeld in Sichtweite der Arena auf Schalke. Blau-weiße Fahnen wehen am Eingang, ein blau-weißer Zaun umgibt das Gelände. In der Mitte prangt ein aus 2500 blauen und weißen Erika gepflanztes Schalke-Logo — eine ideale Ruhestätte für Schalke-Enthusiasten?
„Wir haben schon mehr als 60 Reservierungen und zahlreiche Anfragen“, sagt Ender Ulupinar, Schalke-Fan und Schöpfer des in seiner Form einzigartigen Projekts. Der mit einer Landschaftsgärtnerin verheiratete Immobilienhändler hat schon Ruhestätten in Bergbauoptik, im japanischen Stil und als englischen Garten entwickelt. 2007 kam ihm die Idee für das Grab für den Fußballfan. „Als Mitglied, ehemaliger Spieler und Stadiongänger kam mir sofort die Idee Schalke 04“, sagt der Sohn türkischer Einwanderer.
Bis zum Spatenstich im Juli dieses Jahres überzeugte er Fanvereinigungen, den Schalke-Pfarrer Hans-Joachim Dohm, die Stadtverwaltung und den Verein von seinem Plan, ein Schalke für die Ewigkeit zu erschaffen. Letztlich gab der Club die Lizenz gratis. Mit dem Tod seiner Anhänger soll kein Geld verdient werden.
Eine siebenstellige Summe hat Ender Ulupinar investiert, um 4000 Quadratmeter im Stadtteil Beckhausen in die letzte Ruhestätte für begeisterte Schalker zu verwandeln. Kurzfristigen Gewinn erhofft er sich nicht. „In 20 Jahren dürfte sich das amortisiert haben“, schätzt der 39-Jährige.
Fünf Jahre nach der ersten Idee ist der Friedhof heute fertig zur Eröffnung und Ender Ulupinar ist stolz: „Ich schreibe ja ein Stück Geschichte damit“, sagt er.
Ab 5406 Euro gibt es die Dauerkarte im stillsten Stadion Gelsenkirchens, den sechseckigen Grabstein und 25 Jahre blau-weiße Bepflanzung und Pflege inklusive. Mehr als 100 Interessenten gibt es schon, einer wird sogar Jahre nach seinem Tod umgebettet. „Die Leute rufen an und fragen nach ganz bestimmten Grabfeldern“, sagt Ulupinar. Etwa die 597, für den Uefa-Pokal-Triumph im Mai 1997, auch die 04 war sofort weg.
„Was überhaupt nicht geht, ist die 09“, sagt er. Deshalb hat er die Grabstätte für das Gründungsjahr des Rivalen Borussia Dortmund in die „8+1“ umbenannt. Doch nicht alle Grabflächen sind verfügbar.
Rund um den Mittelkreis ist der Platz für Vereinsgrößen reserviert — Fanbetreuer Rolf Rojek hat seinen Platz schon sicher. Eine stattliche Anzahl an Gräbern hat Ulupinar für Schalker reserviert, deren Angehörige kein Geld für eine Bestattung aufbringen können. So soll auch armen Fans ermöglicht werden, im Schalke-Himmel zu weilen.
Ender Ulupinar selbst kann sich gut vorstellen, die letzte Ruhe in blau-weiß zu finden. Vordrängeln will er sich nicht. „Ich überlasse erst allen anderen 1903 Interessenten den Vortritt und nehme die letzte Grabstätte“, sagt er.
Apropos letzte Grabstätte: Das Grab auf Schalke ist eine exklusive Ruhestätte. Sollten einmal alle 1904 Gräber belegt sein, ist Schluss. „Der Lizenzvertrag beinhaltet 1904 Grabstätten“, sagt Ulupinar. „Dieses Feld ist einzigartig und soll auch einzigartig bleiben.“