23-jährige Polizistin stirbt bei Einsatz
Bei einem Unfall auf der A61 krachte ein Lkw in einen auf dem Standstreifen geparkten Streifenwagen. Die Beamten hatten versucht, den Sattelzug zu stoppen.
Viersen. Ein betrunkener Lastwagenfahrer hat auf der Autobahn 61 am Niederrhein ein Polizeiauto auf dem Standstreifen gerammt und dabei eine junge Polizistin getötet. Weitere Beamte erlitten bei der Kollision teils lebensgefährliche Verletzungen, wie die Polizei gestern mitteilte. Gegen den 48 Jahre alten Fahrer des ukrainischen Lastwagens wurde am Abend Haftbefehl erlassen. Ein Alkoholtest bei dem Mann ergab den Angaben zufolge einen Wert von mehr als zwei Promille.
Der 48-Jährige war mit seinem Sattelzug am Mittwochabend in Schlangenlinien auf der A61 bei Viersen unterwegs gewesen und dabei aufgefallen. Daher hatten die alarmierten Beamten mit ihrem Streifenwagen auf der Standspur auf den Lkw gewartet — mit Blaulicht und eingeschalteter Warnblinkanlage. Dennoch krachte der Lastwagen von hinten in das Einsatzauto.
Herbert Reul, NRW-Innenminister
Durch den Aufprall wurde eine 23-jährige Polizistin auf der Rückbank getötet, ihre 48 Jahre alte Kollegin am Steuer erlitt lebensgefährliche, der 22-jährige Beifahrer schwere Verletzungen.
Inzwischen ermittelt die Polizei wegen Mordes und schließt nicht aus, dass „der Lkw-Fahrer mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat und absichtlich auf den Wagen zugesteuert ist“, sagte ein Sprecher der Polizei. Der Fahrer wurde gestern lange vernommen.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach den Familien, Freunden und Kollegen der Beamten sein Beileid aus. Der Unfall habe ihn „schwer getroffen“, sagte Reul. „Zugleich hoffe und bange ich mit den beiden schwer verletzten Polizisten. Dieser Vorfall zeigt einmal mehr, welchen Gefahren unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten Tag für Tag ausgesetzt sind“, so der Minister.
Der 40 Tonnen schwere Lastwagen war der Polizei bei seiner Fahrt aus den Niederlanden in Richtung Koblenz aufgefallen. Die niederländische Polizei informierte daraufhin die Beamten in Deutschland. Auch ein Autofahrer verständigte die Einsatzkräfte und folgte dem Lkw. Nach seinen Aussagen zog der Sattelzug gegen 21 Uhr in Höhe des Streifenwagens plötzlich von links auf die Standspur und prallte gegen das Polizeiauto, das rund 200 Meter weit geschoben wurde. Die drei Beamten wurden in dem stark deformierten Wagen eingeklemmt.
Die 23-Jährige starb noch an der Unfallstelle. Ihre Kollegin schwebt zurzeit noch in Lebensgefahr. Der schwer verletzte Beamte, der im vorderen Teil des Fahrzeugs gesessen hatte, war laut Polizei ansprechbar. Der Lastwagenfahrer blieb demnach unverletzt.
Der folgenschwere Unfall weckt Erinnerungen unter anderem an den Tod von zwei Autobahnpolizisten auf der A44 bei Paderborn im Sommer 2015. Die Beamten waren mit ihrem Wagen ebenfalls auf dem Standstreifen von einem Lkw erfasst worden. Die beiden hatten in ihrem Fahrzeug auf eine andere Streife gewartet, die sie bei der Kontrolle eines verdächtigen Autos unterstützen wollten.
Die Besatzung des auf der A61 gerammten Streifenwagens konnte nach Einschätzung der Polizeigewerkschaft GdP nicht absehen, wie sich der betrunkene Fahrer in dem herannahenden Lastwagen verhält. Für die beabsichtigte Kontrolle hätten die Beamten nur zwei Möglichkeiten gehabt: den Lastwagen abzuwarten und entweder hinterher oder voraus zu fahren, um den Fahrer mit Anhaltezeichen zum Stopp am nächsten Rastplatz zu bewegen, sagte der Vizechef der GdP in NRW, Rainer Peltz, gestern. „Die Möglichkeiten abzuwägen, ergibt sich aus der jeweiligen Einsatzlage.“ Der Fall zeige, dass Beamte realen Gefahren ausgesetzt seien, während sie für die Verkehrssicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer sorgten, sagte Peltz. lnw