44 Tote bei Absturz in Russland - Pilotenfehler?
Moskau (dpa) - 44 Menschen sind beim Absturz eines Flugzeuges in Russland gestorben, acht überlebten. Vizeregierungschef Sergej Iwanow sprach nach ersten Erkenntnissen von einem Pilotenfehler. Bei der Landung herrschte schlechte Sicht.
Die Unglücksmaschine verfehlte knapp ein Wohnhaus.
Unter den Toten ist auch ein Deutscher. Eine Mutter mit ihren beiden Kindern sowie fünf weitere Menschen überlebten den Absturz der Tupolew in der Nacht zu Dienstag mit schwersten Verletzungen, wie das Zivilschutzministerium mitteilte. Unter den Toten waren drei EU-Bürger. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin hatte der Deutsche auch einen russischen Pass.
„Nach ersten Erkenntnissen ist ein Pilotenfehler unter schlechten Wetterverhältnissen offensichtlich. Er setzte nicht auf der Landebahn auf, sondern abseits“, sagte Vizeregierungschef Sergej Iwanow am Rande der weltgrößten Luftfahrtschau in Le Bourget bei Paris. Die Chartermaschine der russischen Fluggesellschaft Rusair vom Typ Tupolew Tu-134 zerschellte 400 Kilometer nordöstlich von St. Petersburg nahe der Stadt Petrosawodsk im Landeanflug am Boden.
Unter den Überlebenden waren auch eine Mutter sowie ihr neun Jahre alter Sohn und ihre 14-jährige Tochter, wie Behörden nach Angaben der Agentur Itar-Tass mitteilten. Sie haben schwere Brüche und Verbrennungen. Der Onkel der beiden Kinder erlitt einen Herzinfarkt, als er den Absturz sah. Er wurde wie die Überlebenden ins Krankenhaus von Petrosawodsk gebracht - der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Karelien.
Das Flugzeug sei bei dichtem Nebel und schlechtem Wetter gegen 23.45 Uhr Ortszeit (21.45 Uhr MESZ) etwa 700 Meter vor der Landebahn aufgeschlagen, sagte der Generaldirektor des Flughafens, Alexej Kusmizki. Dabei verfehlte die aus Moskau kommende Tupolew um nur etwa 20 Meter ein Wohnhaus, als sie am Boden in Flammen aufging.
„Die Trümmer liegen überall. Wie durch ein Wunder ist in der Nähe der Gebäude niemand verletzt worden“, sagte ein Mitglied der Rettungskräfte. Augenzeugen sprachen von einem Bild der Verwüstung und herumliegenden Leichen.
Kurz vor der Landung soll auf dem Rollfeld für kurze Zeit die Landebahnbeleuchtung ausgefallen sein, teilten Vertreter der Luftfahrtbehörde mit. Der Pilot habe auch viel zu früh zur Landung angesetzt.
Der Sprecher der russischen Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin, sagte, dass die genaue Absturzursache erst nach Auswertung der gut erhaltenen Flugschreiber klar werde. Die Ermittler gingen zunächst drei Versionen nach: menschliches Versagen, technische Probleme und ungünstige Wetterbedingungen.
Unter den Toten waren auch ein Schwede, ein Niederländer sowie zwei ukrainische Staatsangehörige. Die Regierung von Karelien ordnete drei Tage Trauer an. Präsident Dmitri Medwedew und Regierungschef Wladimir Putin sprachen den Angehörigen ihr Beileid aus.
Das Flugzeug mit 43 Passagieren und 9 Besatzungsmitgliedern an Bord war kurz vor Mitternacht Ortszeit in der Provinz Karelien nahe der finnischen Grenze vom Radar verschwunden. An Bord der Maschine waren nach Behördenangaben sieben Kinder. Bei dem Unglück kamen zahlreiche Konstrukteure des staatlichen Atomkonzerns Rosatom sowie der FIFA-Schiedsrichter Wladimir Pettaj ums Leben.
Das Flugzeug ist nach offizieller Darstellung erst kürzlich gewartet worden. Tupolews wurden schon zu Sowjetzeiten gebaut. „Wenn man sich die Zahl der Unglücke bei dem seit 40 Jahren hergestellten Typ anschaut, dann lässt sich sagen, dass dies eines der zuverlässigsten Flugzeuge der Welt überhaupt ist“, sagte der prominente Pilot Magomed Tolbojew. Er kritisierte den Zustand der Ausbildung von Piloten in Russland, die mit zu wenig Erfahrung in die Luft gelassen würden.
Medwedew hatte kürzlich seine Tupolew gegen ein in Frankreich hergestelltes Modell eingetauscht und Mängel in der heimischen Produktion von Flugzeugen kritisiert. Auch bei der im April 2010 abgestürzten Maschine des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski handelte es sich um eine Tupolew, und zwar um das Modell Tu-154. Bei dem Absturz in Russland waren außer Kaczynski 95 Menschen ums Leben gekommen, darunter auch dessen Ehefrau und zahlreiche weitere hochrangige Vertreter Polens.