Abschied vom Softeislutscher - Männermode wird dezenter

Köln (dpa/tmn) - Die Männermode war lange Zeit vor allem knallbunt. Doch der Höhepunkt der abgedrehten Farbigkeit ist vorbei: keine bunten Socken zum Anzug mehr, keine aufgerollten Chinos in Bonbonfarben.

Im Herbst und Winter werden die Töne dunkler.

Es gehörte viel Ignoranz dazu, den großen Modetrend des Sommers zu übersehen: Selbst das biederste Label drapierte knallbunte Shirts und Shorts in den Auslagen der Geschäfte. Das Angebot ähnelte farblich dem Sortiment im Süßwarenladen. Glaubt man den Modeexperten der Republik, ist es damit im Herbst und Winter aber vorbei. Das Deutsche Mode-Institut (DMI) in Köln spricht in seinem halbjährlichen Trendbericht von Reduktion, von Ernüchterung.

„Die jungen Männer, die frech aussehen wollen, diese ganzen Softeislutscher-Typen, das ist vorbei“, sagt André Bangert von der Fachzeitschrift „Textilwirtschaft“. „Es darf ein bisschen mehr Macho sein.“ Jetzt im Herbst gewinne Schwarz an Bedeutung. Und: „Grundtöne treten wieder stärker in den Vordergrund“, sagt DMI-Geschäftsführer Gerd Müller-Thomkins.

Wenn es Farbe sein darf, dann Zurückhaltendes: Etwa Mitternachtsblau, was Boss als Anzug tragen lässt, und dunkles Flaschengrün, bei Eton das Sakko. Atelier Torino nutzt hingegen Weinrot für die Anzugjacke. Eine weitere Trendfarbe ist sattes Violett, bei Eduard Dressler die Krawatte. „Das erzeugt seinen sehr wertigen, mysteriösen Look“, sagt André Bangert. Die Modedesignerin Astrid Werle aus Düsseldorf setzt stark auf Schwarz. „Mal matt, mal glänzend.“ Auch dunkles Tannengrün und Grautöne sind in Mode.

Für Bangert sind vor allem bunte Hosen eher etwas von gestern. Diese würden mittlerweile vor allem von älteren Männern gekauft, die jung wirken wollen. „Die jungen Männer kaufen sich eher wieder eine graue Jeans.“ Der Trend gehe zu Denim statt Chino. Obenrum wachse die Bedeutung von Samt, Seide und Leder. Es sei mehr ein Spiel der Oberflächen als der Farben. Alberto kombiniert eine Jeansjacke zur Cordhose, Daniel Hechter macht es andersherum.

Unverändert bleibt der Trend zur schlanken Passform: Die Anzüge seien eng geschnitten, sagt Astrid Werle. Der Look wird auch nicht mehr durch knallige Farben gebrochen: „Eher schwarzer Anzug und graues T-Shirt, keine bunten Accessoires“, sagt Bangert. Diese Kombination zeigt etwa Cinque. Weiße Hemden sind die Alternative. United Colours of Benetton hält sich auch an Schwarz und Anthrazit. Auf dem hellgrauen Schal dazu sind aber bunte Tupfer zu sehen. Meistens ist aber statt bunter Accessoires das Gegenteil zu sehen: „Eine Rosenkette aus Metall, eine etwas derbere Gürtelschnalle, ein Metallarmband“, zählt Bangert auf.

In der klassischen Herrenmode sieht Astrid Werle Strick- und Wollkrawatten im Kommen, ebenso wie schlanke Wollhosen mit fünf Taschen, teilweise auch Varianten aus Cord. Die Daunenweste trage Mann im Winter über dem Sakko, oder er greift zum Pulli mit Rundhals.

Die Muster sind zunehmend futuristisch: „Eine Alternative zu Karos und Streifen sind Drucke“, erklärt Bangert. „Die speisen sich auch mal aus architektonischen und geometrischen Formen.“ Waben, Rauten oder minimale Quadrate, zählt Astrid Werle auf. Das passt zu den
reduzierten Tönen. Für Gerhard Müller-Thomkins hat die Entwicklung mit den veränderten Erwartungen an den Mann zu tun, der die oft nüchterne Realität fest im Blick habe. Das lustvolle Spiel der knallbunten Klamotten ist damit vorerst vorbei.