Trauer Adieu Karel Gott - Tausende nehmen Abschied in Prag

Prag · Mit Liebesliedern, Balladen und berühmten Titelmelodien wie „Biene Maja“ hat Karel Gott viele Menschen berührt. Zehntausende verbeugen sich nun vor seinem Sarg. Manche warteten schon seit der Nacht.

Fans des Sängers Karel Gott stehen in einer Reihe mit Blumensträußen am Straßenrand, um zu dem aufgebahrten Sarg im Prager Sophienpalais zu gelangen.

Foto: dpa/Ondøej Hájek

Tief bewegt nehmen Tausende Fans von Schlagerstar Karel Gott Abschied. Sie defilierten am Freitag in Prag am aufgebahrten Sarg des legendären Sängers vorbei. Viele verbeugten sich, blieben kurz stehen, hatten Tränen in den Augen. Links und rechts des mit weißen Blumen bedeckten Sarges hielten Soldaten in Ehrenuniform Wache. Die Stimmung im abgedunkelten Sophienpalais, obwohl für jeden nur rund zehn Sekunden blieben: nachdenklich, traurig, ruhig.

Im Hintergrund ertönten Balladen des „Sinatra des Ostens“, riefen seinen samtenen Klang noch einmal in Erinnerung. Auch viele seiner deutschen Lieder füllten den Saal: „Einmal um die ganze Welt“, „Tausend Fenster“. Karel Gott, in Deutschland so berühmt wie in Tschechien und Russland, war am 1. Oktober mit 80 Jahren gestorben.

Vor dem Sarg ein rotes Herz aus Blumen mit einer Nachricht der jungen Witwe: „Ich liebe dich für immer, deine Ivana“. Volksmusik-Star Heino und seine Frau Hannelore, der tschechische Kulturminister Lubomir Zaoralek und Karel Gotts Geburtsort Pilsen (Plzen) stellten Kränze. Mit mehr als 50 Millionen verkauften Tonträgern zählte der Sänger zu den Großen der Musikbranche.

Der Sarg mit dem Leichnam von Karel Gott steht im Prager Sophienpalais.

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Viele Fans hatten seit dem frühen Morgen in der Kälte ausgeharrt, um von ihrem Idol Abschied zu nehmen. Helfer des Roten Kreuzes schenkten Kaffee an die Wartenden aus. Mit seinen Liedern habe Karel Gott ihr und ihrer Familie viel Freude gebracht, dafür wolle sie sich bedanken, sagte die 49 Jahre alte Daniela Kozakova. Sie lobte, dass sich die Menschen in der Schlange trotz stundenlanger Wartezeit anständig verhielten.

Tausende nehmen Abschied von Karel Gott in Prag
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Abschied von Karel Gott in Prag

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Die beiden Teenager Eliska und Amalka warteten geduldig darauf, sich ins Kondolenzbuch eintragen zu können. Das Lieblingslied der 13-Jährigen ist das Duett „Herzen erlöschen nicht“, das Karel Gott noch im Frühjahr mit seiner jungen Tochter Charlotte Ella aufgenommen hat. Natürlich sei es traurig, aber auch wunderschön, sagten die beiden Schülerinnen aus Prag.

Zeilen des Liedes wie „Wenn mich der Strom fortreißt, musst du schwimmen“ ließen aufhorchen. „Er muss gespürt haben, dass er sterben wird“, meinte eine ältere Frau. Als Karel Gott im September seine Erkrankung an akuter Leukämie öffentlich machte, da hatte er den Krebs schon einmal besiegt. Denn Ende 2015 hatten Ärzte Lymphdrüsenkrebs festgestellt.

Einer der letzten Gäste in Karel Gotts Prager Villa war seine Kollegin Helena Vondrackova. Er habe sie mit einem Lächeln empfangen, erzählte die 72-Jährige der Zeitung „Blesk“, und sei bis zuletzt optimistisch geblieben. „Er war ein großer Kämpfer.“

Den Samstag hat Regierungschef Andrej Babis zu einem nationalen Trauertag erklärt. Die Fahnen werden auf halbmast gehisst. Familie, engste Freunde und die Staatsspitze werden als geladene Gäste zu einem Trauergottesdienst im Veitsdom auf der Prager Burg erwartet. Er soll auf Großbildleinwände übertragen werden. Das Fernsehen hebt Sondersendungen ins Programm.

Die Entscheidung des Minderheitskabinetts aus populistischer ANO und sozialdemokratischer CSSD, den Schlagerstar mit staatlichen Ehren zu verabschieden, war in Tschechien keineswegs unumstritten. Der katholische Theologe und Jesuit Tomas Halik sprach von einem „geschmacklosen Einfall“, denn Karel Gott sei ein Star der sozialistischen Unterhaltungsindustrie gewesen, seine Verehrung eine Beleidigung der „wirklichen Helden“ der Bürgerrechtsbewegung vor der Wende von 1989.

Doch viele Fans heben an diesem Tag vor allem die Bescheidenheit Karel Gotts hervor. Er sei nach einem Konzert nie gegangen, bevor er nicht auch noch dem Letzten ein Autogramm gegeben habe, erinnerte sich der 55 Jahre alte Petr, der Blumen mitgebracht hatte. Leise fügte er hinzu: „Für mich ist Karel Gott eine Legende.“

Nur eine kleine Gruppe französischer Touristen wunderte sich über den Menschenauflauf. Geduldig erklärte ihnen eine junge Tschechin, Karel Gott sei gestorben, ein populärer Sänger - „un grand chanteur populaire“.

(dpa)