Ägypten zwischen Original und Nachbildung

Frankfurt/Main (dpa) - In der einen Ausstellung ist alles Gold und Glanz und Gloria, in der anderen gibt es rostige Geräte, abgeblätterte Farbe und mumifizierte Leichen. Wie unterschiedlich man das publikumswirksame Thema Ägypten behandeln kann, zeigen von diesem Wochenende an zwei Ausstellungen in Frankfurt.

„Tutanchamun - Sein Grab und seine Schätze“ ist eine Wanderausstellung, für die in einem Hallenzelt nahe der Messe das Grab des Herrschers nachgebaut wurde. „Reise in die Unsterblichkeit“ im Archäologischen Museum informiert über Totenkult und die Techniken, Leichen zu konservieren.

Die „Tutanchamun“-Ausstellung tourt seit 2008 durch Europa - in drei parallelen Schwesterausstellungen. Laut Veranstalter haben bisher 2,5 Millionen Menschen in elf Städten die Schau gesehen. Ziel sei es, „Archäologie erlebbar zu machen“, sagte Ausstellungsleiter Christoph Scholz. Die Besucher könnten dank der Nachbildungen - anders als in der Realität - das Grab so erleben, wie es der Entdecker Howard Carter 1922 vorfand. In der Ausstellung werde zusammengeführt, „was selbst in Ägypten nur getrennt zu sehen ist“.

Der Besucher sieht zunächst die verschiedenen Grabkammern in Gänze, vollgestopft mit irdischen Besitztümern. Im Zentrum der Halle werden diese Kammern auseinandergenommen und in Einzelteilen präsentiert: vier ineinandergeschachtelte zimmergroße Schreine, der Sarkophag, darin drei mumienförmige Särge, am Ende die goldene Kopfmaske. Nebenan ein goldener Thron und Tonnen von Schmuck, Modellschiffe für die Reise ins Jenseits, eine Armee von Diener-Figuren und beschützenden Götterwesen, tierförmige Gefäße für die entnommenen Organe...

Der Audioguide überschlägt sich mit Superlativen („Was für eine Prachtentfaltung!“) und erklärt, die Repliken seien „von ganz besonders begabten ägyptischen Handwerkern“ nach alten Techniken und unter wissenschaftlicher Kontrolle angefertigt. Wie anders tritt da die Ausstellung im Archäologischen Museum auf: Als historisches Museum „wollen wir immer auch die Aura des Originals“ zeigen, erklärt Direktor Egon Wamers. Die Exponate stammen aus einem Museum in Florenz, dessen Bestände auf die Medici zurückgehen und auf eine Expedition von 1828. „Wir wollen die Besucher nicht überwältigen“, sagt Wamers, „wir wollen informieren: über die Techniken der Einbalsamierung und den Totenkult an sich.“

Zu sehen sind unter anderem die (echten) Mumien einer Frau und eines kleinen Kindes, ein verschrumpelter Männerkopf, Füße und Hände. Die kleine Ausstellung - sie passt in einen einzigen Raum - zeigt nicht nur schöne Sarkophage und beeindruckende Grabbeigaben, sondern auch die unappetitlichen Techniken, mit denen die Toten konserviert wurden: Haken, mit denen das Hirn durch die Nase herausgezogen wurde, getränkte Tücher, die in den ausgeweideten Körper gestopft wurden.

Was der bessere Weg ist, das alte Ägypten zu zeigen, darüber sind selbst Experten unterschiedlicher Ansicht. Der österreichische Ägyptologe Wilfried Seipel sagt im Ausstellungskatalog: „Den Grabschatz des Tutanchamun als Ganzes, vor allem aber in seiner ursprünglichen Zusammenstellung, zu rekonstruieren, ist mit Originalobjekten unmöglich, ja wäre höchst unverantwortlich.“ Der italienische Archäologe Eugenio Matera hält es hingegen für bedenklich, Exponate „nur von ihrem ästhetischen Standpunkt aus zu präsentieren“. Mit einer „bloßen Zurschaustellung“ könne man keine fremde Kultur verstehen, meint er in einem Katalogbeitrag.