Ärztin spritzt 85-jährigen Mann zu Tode: Verteidgung plädiert auf Totschlag
Gedemütigt, verletzt, zornig: In diesem Zustand spritzte eine junge Ärztin ihrem 50 Jahre älteren Ehemann eine tödliche Dosis Morphium. Totschlag, sagt die Verteidigung. Die Anklage sieht Mord.
Aachen (dpa). Im Prozess gegen eine Ärztin, die ihren viel älteren Ehemann mit Morphium getötet haben soll, hat die Verteidigung die Tat als Totschlag gewertet. „Es gibt nichts, was die Mord-Theorie der Staatsanwaltschaft stützt“, sagte Reinhard Birkenstock am Montag vor dem Landgericht Aachen. Nach dem Streit mit ihrem 85-jährigen Mann habe sich die heute 36-jährige Frau in „tiefster Erregung“ zu der Tat hinreißen lassen.
Die Ärztin hatte gestanden, ihrem Mann eine tödliche Dosis Morphium gespritzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Mordes aus Habgier lebenslange Haft gefordert. Die Angeklagte sagte in ihrem Schlusswort: „Hohes Gericht, der Tod meines Mannes tut mir unsagbar leid.“ Sie sei bereit, für die Tat zu büßen, sagte die Frau und brach in Tränen aus.
„Eine affektive Tatbegehung ist als sicher anzusehen“, sagte Birkenstock. Er plädierte auf Totschlag in einem minder schweren Fall. Dafür ist ein Strafmaß zwischen einem Jahr und zehn Jahren vorgesehen. Der Ehemann habe die Frau vom Drogenstrich geholt, ihr Schule, Studium und Ausbildung zur Ärztin ermöglicht. Als sie einen anderen Mann in Süddeutschland kennenlernte und in Ulm eine Stelle annehmen wollte, sei es im Februar 2011 zum folgenschweren Streit gekommen. Er habe sie schwer gedemütigt und gesagt, sie solle doch zu ihren Freiern auf den Strich zurückgehen. Damit habe er alte Verletzungen aufgerissen.
„Abgrundtief erregt, zornig und ins Mark getroffen zieht sie eine Spritze auf, setzt sie und tötet ihren Mann“, sagte Birkenstock. Keine der im Prozess festgestellten Tatsachen spreche für einen kalt geplanten Mord. Auch das angebliche Motiv der Habgier sei nicht nachvollziehbar. „Sie hatte ihr eigenes Geld“, sagte der Verteidiger.
Am Dienstag sprachen die Richter am Landgericht ein lebenslanges Berufsverbot sowie ein Urteil wegen Mordes zu lebenslanger Haft aus. Die 36-Jährige habe ihren Mann auch deshalb aus dem Weg geräumt, um für eine neue Arbeitsstelle in Ulm und für ihren neuen Liebhaber frei zu sein, sagte der Vorsitzende Richter Gerd Nohl am Dienstag in Aachen. Sie habe dabei ihren Beruf als Ärztin missbraucht. Verteidiger Reinhard Birkenstock kündigte Revision an. Er hatte die Tat als Totschlag in einem minder schweren Fall gewertet.