Andreas Kümmert sagt nach ESC-Eklat Konzerte ab
Berlin (dpa) - Nach seinem Live-Rückzug als Sieger des Vorentscheids für den Eurovision Song Contest hat Andreas Kümmert (28) auch Konzerte abgesagt.
Auftritte vom Samstag sowie an diesem Montag „werden den Umständen entsprechend verschoben“, schrieb der fränkische Sänger und 2013-Gewinner der Castingshow „The Voice of Germany“ am Samstag bei Facebook. „Weitere Infos folgen.“ Etwa 48 Stunden nach seinem im Internet oft als „#Kuemmertgate“ bezeichneten Nein zum Sieg in der ARD-Show „Unser Song für Österreich“ war es die erste öffentliche Meldung des Musikers.
Kümmert hatte am Donnerstag die Musikshow vor 3,2 Millionen TV-Zuschauern klar gewonnen, dann aber überraschend auf der Bühne erklärt, er wolle - oder könne - im Mai in Wien nicht für Deutschland antreten, die Zweitplatzierte Ann Sophie (24) sei besser geeignet. Es handelt sich um einen einzigartigen Rückzieher in der Geschichte des Song Contests, den man früher Grand Prix nannte. Etwa die „Bild“-Zeitung vom Samstag hatte Siggi Schuller von Kümmerts Plattenfirma mit den Worten zitiert, Kümmert beschäftige sich „viel mit sich selbst und seinen Dämonen“.
Viele Fans nahmen Kümmerts Schritt („Ich bin nicht wirklich in der Verfassung, diese Wahl anzunehmen.“) mit Unmut auf, andere aber auch mit Respekt. Der ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber erteilte in der „taz“ (Sonntag, online) Forderungen nach einer Wiederholung der Show eine Absage: „Das wäre schon aus logistischen Gründen nicht möglich.“ Die Künstler hätten auch andere Termine. Deutschlands „Bewerbungsunterlagen inklusive aller Angaben zur Inszenierung des deutschen Beitrags“ müssten „schon bis zum Ende dieser Woche bei der European Broadcasting Union“ sein.
Laut Plattenfirma Universal war es Kümmerts einsame Entscheidung („Andreas hat seine Entscheidung, nicht am ESC-Finale teilnehmen zu wollen, alleine gefällt“). Er hatte auf der Bühne auch gesagt, er sei „nur ein kleiner Sänger“ - gerade beim rummelreichen ESC geht es aber auch um viele Interviews, Fan-Kontakte und unzählige Durchläufe.
Ann Sophie war von Moderatorin Barbara Schöneberger kurzerhand zur deutschen ESC-Hoffnung erklärt worden, auch wenn die Sängerin laut NDR bei der Publikumswahl nur etwa ein Fünftel der Voting-Teilnehmer hinter sich hatte. Sie hatte dazu gesagt: „Ich hoffe, Deutschland ist damit zufrieden, dass ich da jetzt hin darf. Ich habe großen Respekt vor Andreas und seiner Entscheidung und bin ihm auch dankbar.“
Die in London geborene Sängerin („Black Smoke“) war bei einem Clubkonzert als Quereinsteigerin zum Vorentscheid gestoßen. Die anderen Kandidaten hatten die Musikbranche sowie ARD-Experten aufgestellt. Internationale Erfahrung hat die Hamburgerin: Sie ging mit 20 nach New York. Neben einem Schauspielstudium startete sie dort auch eine Musikkarriere.
Der Eurovision Song Contest wird seit 1956 ausgetragen. Deutschland gewann bisher zweimal: 1982 mit Nicole („Ein bißchen Frieden“) und 2010 mit Lena („Satellite“). Im vergangenen Jahr war das Frauentrio Elaiza für Deutschland angetreten und nur auf Platz 18 gelandet.
2015 geht der ESC in Wien über die Bühne, weil 2014 die bärtige Dragqueen Conchita Wurst („Rise Like A Phoenix“) gewonnen und so den Wettbewerb in ihre Heimat geholt hat.
Auf der Bühne rief damals Wurst, hinter der der 26-Jährige Thomas (Tom) Neuwirth steckt, „We are unstoppable“, also „Wir sind unaufhaltsam“ - ein starker Kontrast zum fast schon verstohlenen Stopp von Andreas Kümmert in letzter Minute.