Spitzengespräch Angela Merkel trifft Richard Gere
Berlin (dpa) - In Angela Merkels Lieblingsfilm dreht sich alles um die Liebe. Es ist der DEFA-Kultstreifen „Die Legende von Paul und Paula“, einer der erfolgreichsten DDR-Spielfilme. Was sie von „Pretty Woman“ hält, wiederum eine der erfolgreichsten Liebesgeschichten der USA, weiß man nicht.
Aber den Filmpartner von Julia Roberts im Jahr 1990 wollte Merkel am Donnerstag nun mal kennenlernen: Richard Gere. So wie sie auch schon die Filmgrößen George Clooney, Tom Hanks und Steven Spielberg getroffen hat.
Sind das für sie Lieblingsschauspieler, Vorbilder, interessante Männer? Merkel schweigt darüber. Aber allein die Tatsache, dass sie sich mit ihnen trifft, ist immer auch eine politische Botschaft.
Merkel setzt nach dem Treffen mit Gere auf die Sprache der Bilder. Regierungssprecher Steffen Seibert schreibt nach ihrem Gespräch mit dem bekennenden Buddhisten Gere auf Twitter, Merkel habe sich mit dem US-Schauspieler über die Lage in der Tibet-Region unterhalten. Auf dem ebenfalls getwitterten Foto ist zu sehen, wie sich beide einander zugewandt unterhalten, auf dem Tisch vor ihnen ein Kaffeegedeck und Mineralwasser. Gere ist im dunklen Anzug erschienen, am linken Handgelenk trägt er ein Gebets-Armband. Das Treffen dauerte etwa eine dreiviertel Stunde - und damit länger als die geplanten 30 Minuten.
Der 67-Jährige ist Vorsitzender der „International Campaign for Tibet“. Dieser 1988 gegründete Verein setzt sich für Demokratie, die Sicherung der Menschenrechte in Tibet sowie den Schutz von Kultur und Umwelt der zur Volksrepublik China gehörigen Bergregion ein. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer hatte bei der Ankündigung des Termins betont, grundsätzlich stehe die Bundesregierung zur Ein-China-Politik, wonach es nur ein vereintes China gibt. Aber Berlin setze sich auch für die Achtung der Menschenrechte in China und der Minderheitenrechte der Tibeter sowie deren Anspruch auf kulturelle und religiöse Autonomie in China ein.
Merkel hat sich schon mehrfach mit dem Dalai Lama getroffen, dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter, was China immer als Affront empfunden hat. Gere ist ein Freund des Dalai Lama und hatte schon bei der Oscar-Verleihung 1993 die chinesische Tibet-Politik angeprangert. Am Mittwoch traf er die Grünen-Politikerin Claudia Roth, die er schon lange kennt, und die ebenfalls für die Rechte der Tibeter kämpft.
Im Gespräch mit Roth nannte Gere Deutschland ein Vorbild in bewegten politischen Zeiten: „Ich komme aus einem Land, das im Moment sehr chaotisch ist. Und offen gesagt schauen wir gerade auf Deutschland, um uns inspirieren zu lassen.“ Vor allem in der Flüchtlingspolitik bewiesen die Deutschen und ihre Regierung Mut. Als Clooney im vorigen Jahr mit seiner Frau, der international renommierten Menschenrechtsanwältin Amal Clooney, im Kanzleramt war, hatten sie auch über die Flüchtlingspolitik gesprochen. Es blieb offen, welchen der beiden Clooneys Merkel eigentlich interessanter fand.
Vielleicht ist Richard Gere nicht mehr auf dem aktuellsten Stand, denn von der Willkommenskultur für Flüchtlinge, die Merkel im September 2015 angestoßen hatte, ist nur noch wenig zu spüren. Die Regierung hat die Gesetze und Abschiebepraxis längst verschärft. Doch das deutsche Septembermärchen 2015 hatte Merkel auch bei Künstlern in den USA zu so etwas wie einer politischen Pretty Woman unter den Regierenden der Welt gemacht. Deutschland zeigte ein anderes Gesicht.
Gere stellt bei der Berlinale seinen neuesten Film, den Thriller „The Dinner“, vor. Man darf gespannt sein, wie sich diese Berlinale - das politischste der drei großen Filmfestivals von Berlin, Cannes und Venedig - angesichts der Politik von US-Präsident Donald Trump verhält. 2003 nutzten Schauspieler - darunter Gere und Clooney - Berlin für ein Zeichen gegen den bevorstehenden Irakkrieg und die Kriegsvorbereitungen des damaligen US-Präsidenten George W. Bush.
Im vorigen Jahr hatte Gere vor der Wahl von Trump gewarnt und gesagt: „Nicht nur würden die Obdachlosen noch obdachloser sein, sondern auch den Mexikanern, den Armen, den Frauen, den Journalisten und allen freien Denkern würde es schlechter gehen.“ Merkel hatte Trump nach seiner Wahl aufgerufen, die gemeinsamen Werte von Recht und Freiheit und Demokratie einzuhalten.
Fehlt eigentlich mal eine Frau der Filmszene im Kanzleramt. Vielleicht Meryl Streep. Die dreifache Oscar-Gewinnerin hatte bei der „Golden Globes“-Verleihung im Januar in Hollywood mit Blick auf Trump gemahnt: „Respektlosigkeit lädt zu Respektlosigkeit ein, Gewalt animiert zu Gewalt. (...) Wenn die Mächtigen ihre Position benutzen, um andere zu tyrannisieren, dann verlieren wir alle.“