Zeitfragen Anke Engelke: „Ich habe kein Smartphone“

Köln (dpa) - Anke Engelke (50) besitzt kein Smartphone, schreibt dafür aber leidenschaftlich gern Briefe. In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur erklärt die Schauspielerin und Moderatorin unter anderem, warum sie Drehbücher als Briefpapier benutzt und warum sie manche Briefe auf einer alten Schreibmaschine tippt.

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Frage: Bei der Lit.Cologne lesen Sie am 23. Oktober aus einem wunderbaren Sammelband mit Briefen, „More Letters of Note“. Die Briefe sind mal komisch, mal ergreifend. Heute gibt es das so nicht mehr, es werden kaum noch Briefe geschrieben.

Antwort: Ich kaufe nach wie vor oft Briefmarken in der lustigen Poststelle bei uns im Ort, und wenn da eine Schlange ist, hoffe ich immer, dass nicht nur Pakete zurückgegeben werden.

Frage: Es schreiben heute viel weniger Menschen Briefe auf Papier als früher.

Antwort: Also, ich habe heute schon einen Brief und eine Postkarte geschrieben. Mir kommt das gar nicht ungewöhnlich vor. Hat es nicht auch etwas damit zu tun, wie man seinen Alltag einrichtet? Wenn man in seinem Sichtfeld immer ein Handy hat, dann simst oder mailt man eben ständig. Mein Laptop packe ich zuhause erst abends zum Arbeiten aus. Ich habe auch kein Smartphone.

Frage: Da gehören Sie zu einer ganz kleinen Minderheit.

Antwort: Ja, ich bin da sehr gestrig. Ich habe zuhause eine Riesenbox mit Postkarten und latsche zwanzig Mal am Tag daran vorbei, da schreibt man automatisch.

Frage: Wobei man die E-Mail ja als Nachfolger des geschriebenen Briefes betrachten kann. Oder gibt man sich da beim Formulieren zu wenig Mühe?

Antwort: Man kann auch E-Mails mit Bedacht und mit Vergnügen formulieren, ich mache das gerne. Aber ich sehe den Unterschied. Ich schaffe vielleicht 20 E-Mails an einem Abend oder in einer Nacht - aber Briefe? Da schaffe ich ganz bestimmt keine 20.

Frage: Gibt es Briefe, für die Sie sich besonders viel Zeit nehmen?

Antwort: Ja, das sind solche, die in mir arbeiten. Ich habe ein paar Freundinnen und Freunde, da informieren wir uns alle paar Monate über das, was so läuft. Das sind längere Briefe.

Frage: Woher nehmen Sie die Zeit?

Antwort: Die nehme ich mir einfach. Dafür habe ich kein Facebook, Twitter, Instagram. Da würde ich dann nämlich denken: „Oh nein, wie schade um die Zeit!“

Frage: Schreiben Sie per Hand?

Antwort: Ja. Früher hab ich immer mit Tinte geschrieben, aber seit einigen Jahren schreibe ich mit einem ganz tollen, dünnen Stift, der hat eine Eleganz, aber auch so eine Graffiti-Rotzigkeit, weil der manchmal unverhofft kleckst. Manchmal tippe ich die Briefe aber auch auf einer alten Schreibmaschine, vor allem, wenn es ein bisschen komisch werden soll.

Frage: Komisch?

Antwort: Ja, dieses Schriftbild hat etwas Komisches. Zum Beispiel, wenn man drei Punkte hintereinander macht, im handgeschriebenen Brief würde ich das nie tun, aber so getippt... Oder wenn man etwas korrigiert.

Frage: Sie korrigieren, Sie fangen also nicht nochmal neu an?

Antwort: Nein, man soll sehen, dass ich Graffiti zuerst falsch geschrieben habe. Ich bin für Transparenz.

Frage: Wie wichtig ist das Briefpapier?

Antwort: Briefpapier ist ganz, ganz wichtig. Ich unterstütze seit einiger Zeit ein tolles Unternehmen, das alte Landkarten recycelt. Da bestelle ich immer einen fetten Packen, hab' davon auch die Umschläge, und da hat man dann Landkarten auf der Rückseite. Und ich verwerte alte Drehbücher, alte Ladykracher-Sketche zum Beispiel.

Frage: Aus Umweltschutzgründen?

Antwort: Wir haben nur eine Erde, und erst wenn der letzte Fisch... der alte Scheißspruch. Der ja aber leider so stimmt.

Frage: Erwarten Sie, dass Ihre Briefe beantwortet werden?

Antwort: Nein. Das ist ja nur meine Art, und die Menschen um mich herum haben eben ihre Art. Aber natürlich gibt es darunter welche, die mir schreiben - auch mehr schreiben als ich, viel mehr.

Frage: Bewahren Sie die Briefe auf?

Antwort: Ja, ich bin generell ein Aufbewahrer und habe eine spezielle Briefsammelwut. Ich nehme Schuhkartons dafür. Ich gehe immer in einen bestimmten Laden, weil die die stabilsten Kartons haben, und frage: "Kann ich wieder drei Kartons haben, aber ohne Schuhe bitte?"

Frage: Lesen Sie alte Briefe manchmal nach?

Antwort: Klar, die lese ich dann zwangsläufig anders als vor 30 Jahren. Der Blick auf die Dinge ändert sich ja ständig, je mehr Zeit vergeht. Ich fange jetzt aber auch gerade an, Bücher von vor 30 Jahren noch einmal zu lesen.

Frage: Heben Sie auch Fanpost auf?

Antwort: Oh ja, viel sogar. Da sind wunderbare Briefe dabei, von denen kann ich mich unmöglich trennen.

ZUR PERSON: Anke Engelke (50), in Kanada geboren und dreisprachig aufgewachsen, ist Schauspielerin, Moderatorin und Synchronsprecherin. Bereits mit 13 Jahren moderierte sie Kindersendungen im Fernsehen. Der Durchbruch als Schauspielerin gelang ihr als Erwachsene mit der „Wochenshow“. Es folgten Rollen in der Sketch-Reihe „Ladykracher“ und die Moderation des Eurovision Song Contests in Deutschland 2011. Derzeit kann man sie auch wieder im Kino erleben - als Stimme der vergesslichen Fischdame Dorie.