Arno Schmidt in Gegensätzen - Schau zum 100. Geburtstag
Celle (dpa) - Eine Ausstellung zum 100. Geburtstag von Arno Schmidt in Celle entführt in den Kosmos des sprachgewaltigen Schriftstellers. Zu den 100 Exponaten zählen Filmaufnahmen, Fotografien sowie persönliche Dinge aus dem Nachlass wie ein Branntwein-Krug oder Schmidts grüne Lederjacke.
Nach langer Zeit wieder zu sehen sind die Zettelkästen zum Mammut-Werk „Zettel's Traum“. Die Schau „Arno Schmidt 100“ ist ab Sonntag bis zum 12. Oktober zu sehen. Eine zweite Ausstellung mit 2200 Fotografien des Literaten wird am 6. Mai in einem Bauernhaus in Bargfeld - im niedersächsischen Eldingen - eröffnet. Schmidts Beziehung zu Christoph Martin Wieland und Johann Wolfgang Goethe beleuchtet vom 11. Mai an eine dritte Schau in Weimar.
Der akribische Autor legte für seine Romane an die 120 000 Notizzettel in Kästen an und saß morgens bereits um 4 Uhr früh am Schreibtisch. Im Nachkriegs-Deutschland wurde Arno Schmidt von der Literaturkritik verrissen und bewundert, inzwischen zählt der 1979 gestorbene Literat zu den Klassikern der Moderne.
Der Hamburger Millionär und Literaturprofessor Jan Philipp Reemtsma ist Vorsitzender der Arno Schmidt Stiftung, welche die Ausstellung im Bomann Museum konzipiert hat. Als Student habe ihn die Sprache Schmidts besonders fasziniert, sagte Reemtsma am Freitag in Celle.
Im Jahr 1977 stellte der Millionär dem gebürtigen Hamburger 350 000 D-Mark zur Verfügung - ein Betrag, der sich an der Dotierung des Nobelpreises orientierte. In Schmidts letzten beiden Lebensjahren besuchte er ihn viermal. „Man hatte den Eindruck, einer sehr bedeutenden Persönlichkeit zu begegnen“, sagte Reemtsma. „Ich habe so etwas nie wieder erlebt.“
Die Stiftung verwaltet Schmidts Nachlass im Dorf Bargfeld in der Lüneburger Heide. Das Holzhäuschen, das der Autor dort 1958 mit seiner Ehefrau Alice bezog, ist fast exakt in dem Zustand wie zu Schmidts Lebzeiten erhalten worden.
Die Exponate in Celle sind als Gegensatz-Paare in einem großen dunklen Raum geordnet. Es gibt insgesamt 50 Glasvitrinen, etwa zu Junggenie und Buchhalter, Ewigkeit und Vergänglichkeit, oder Schmidts Aussagen über seine Frau und ihre Aussagen über ihn. „Das ist ein Prinzip in Schmidts Werk. Er hat sich die Welt in Gegensätzen geordnet“, sagte Kuratorin Susanne Fischer.
An einer Art Pult im Zentrum der Ausstellung können die Besucher 100 Wörter von Alkohol bis Zustand anklicken, zu jedem werden jeweils sechs Schmidt-Zitate an die Wände projiziert. „Friede den Hütten, Krieg den Finanzplätzen“, leuchtet zum Stichwort Krieg auf. Zum Thema Gott ist zu lesen „Lieber ein Himmel ohne Götter als ohne Wolken“ - Schmidt liebte die karge, weite Landschaft im Norden.
Wegen seiner Erzählung „Seelandschaft mit Pocahontas“ wurde der Atheist 1953 der Pornografie und Gotteslästerung bezichtigt. Diese am Dümmer spielende Liebesgeschichte bringt das Schlosstheater Celle zu Schmidts 100. Geburtstag erstmals als Theaterstück auf die Bühne.