Auf ewig Häuptling der Apachen
Pierre Brice wird 80 Jahre alt und glaubt heute, dass die Winnetou-Filme seine Karriere ruiniert haben.
Paris. In Frankreich kann Pierre Brice überall herumlaufen, ohne Aufsehen befürchten zu müssen - in seinem Heimatland ist der Schauspieler nahezu unbekannt. In Deutschland dagegen ist der Mann aus der Bretagne bis heute ein Star.
Als Indianerhäuptling Winnetou war Brice so beliebt, dass die Jugendzeitschrift "Bravo" den braungebrannten und schwarzhaarigen Franzosen dutzende Male aufs Titelblatt nahm und ihm drei "Starschnitte" widmete. Heute wird Brice, der mit seiner aus Bayern stammenden Frau Hella auf einem Landsitz bei Paris lebt, 80 Jahre alt.
Er hat lange betont, welch ein Glücksfall der Apachenhäuptling für ihn gewesen ist: "Ich bin kein Idiot. Alles, was ist jetzt mache, ist gekommen, weil ich damals Winnetou gespielt habe. Ich spiele Theater, weil ich Winnetou war. Ich bin Unicef-Botschafter geworden, weil ich Winnetou war. Ich habe Geld für Hilfsaktionen in Bosnien bekommen, weil ich Winnetou war." Die Figur von Karl May sei für ihn ein Held, "ein Mann, der Frieden, Freiheit, Liebe und Toleranz verkörpert". Brice reagierte auch sehr aufgebracht auf Parodien wie "Der Schuh des Manitu".
Doch mittlerweile scheint der Schauspieler mit der Rolle seines Lebens zu hadern. "Ich hätte nach ,Winnetou 3’ aufhören sollen", sagte er kürzlich der "Bunten". Mitte der 60er Jahre sei er auf dem Höhepunkt seiner Karriere gewesen, "ganz Europa sprach über mich". Stattdessen habe er sich überreden lassen, weitere Indianerfilme zu drehen - bei allen wurde er synchronisiert, weil er damals kaum Deutsch sprach.
Kollegen wie der französische Filmstar Alain Delon hätten sich zur gleichen Zeit "wie ein Hurrikan durch alle Filme getobt", sagt Brice. Dieses Glück habe er nicht gehabt. Dass er seinerzeit weitere Winnetou-Filme gedreht habe, habe seine Karriere ruiniert.
Dass Brice zwischendurch versuchte, von der Rolle des Indianerhäuptlings wegzukommen, im Fernsehen auch anderes spielte und nebenbei auch mehrere Alben als Sänger veröffentlichte, ließ das Publikum ihm nicht durchgehen - in Deutschland ist und bleibt er Winnetou.
Im Alter rühmt er nun die Kameradschaft, die er beim Militär erlebt hat, als er in Indochina kämpfte und als Fallschirmjäger im Algerienkrieg war. Unlängst habe er bei einem Veteranentreffen alte Kameraden wiedergesehen, sagte Brice der "Bunten". Die Verbundenheit mit ihnen habe ihn sehr berührt. In der Filmbranche gebe es kaum wahre Freundschaft: "Kein Schauspieler rettet dich aus einer großen Gefahr."
Seinen runden Geburtstag geht Brice nüchtern an. "Es gibt keinen Grund, sich darüber zu freuen, wenn man 80 wird," sagt er. Bedauern wolle er sich aber auch nicht. "Immerhin habe ich das Glück, in Hella die Liebe meines Lebens gefunden zu haben."