Ausstellung in Berlin zeigt erste Großstadt der Welt
Berlin (dpa) - Sie brauten Bier, erfanden die Keilschrift und bauten Wolkenkratzer aus Lehm - die Stadt Uruk im heutigen Süd-Irak war vor 5000 Jahren die erste „Megacity“ der Welt.
Zum Beginn der Ausgrabungsarbeiten vor 100 Jahren gibt das Pergamonmuseum in Berlin jetzt erstmals einen Einblick in das Alltagsleben der mesopotamischen Metropole. Dabei sind die Experten dem „Mythos von Uruk“ auf der Spur, der im Epos um den legendären Gottkönig Gilgamesch festgehalten ist.
„Unser Ziel ist es, die herausragende Bedeutung Uruks für die Menschheitsgeschichte darzustellen“, sagte der Generaldirektor der Staatlichen Museen Berlin, Michael Eissenhauer, am Mittwoch vor der offiziellen Eröffnung. Und sein Kollege Alfried Wieczorek erklärte für die beteiligten Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim: „Wir beschäftigen uns zwar mit einer Megacity, aber wir wollten keine Megaausstellung machen.“
Die Kölner Design-Experten red d haben die Schau deshalb als einen Spaziergang durch Uruk konzipiert. Neben zahlreichen archäologischen Funden von Alltagsgegenständen lassen moderne 3D-Rekonstruktionen die monumentalen Bauwerke der antiken Hochkultur lebendig werden - auch wenn von den alten Lehmziegelbauten nicht mehr viel erhalten ist.
40 000 bis 50 000 Menschen lebten in der Stadt zwischen Euphrat und Tigris. Eine 11,5 Kilometer lange Stadtmauer umgab die Metropole - allein dafür wurden mehr als 300 Millionen Ziegel gebrannt. Es gab ein ausgeklügeltes Wirtschafts- und Verwaltungssystem und enge Handelsbeziehungen zu weit entfernten Regionen. Für mehr als zwei Jahrtausende, so die Experten, blieb Uruk die größte Stadt der Welt, erst im 6. Jahrhundert v.Chr. wurde sie von Babylon übertroffen.
In der Ausstellung erzählen gerade die kleinen Fundstücke spannende Geschichten - etwa eine Tontafel mit einer lexikalischen Liste von 58 verschiedenen Schweinebezeichnungen oder, ebenfalls auf Ton, eine 5000 Jahre alte Abrechnung über Getreidepreise. „In Uruk sind bereits alle "urban technologies" für ein funktionierendes Zusammenleben voll entwickelt“, sagt Beate Salje, die Direktorin des Vorderasiatischen Museums in Berlin als Initiatorin des Projekts.
Die Ausgrabungen im heutigen Warka waren 1912/13 von der Deutschen Orientgesellschaft angestoßen worden. Durch die damals übliche Fundteilung kam ein Teil der Schätze nach Deutschland. Die beiden beteiligten Museen konnten die Ausstellung deshalb vor allem aus eigenen Beständen bestücken, hinzu kamen Leihgaben aus Paris, London und New York. Bis zum 8. September ist die Schau zunächst auf der Berliner Museumsinsel zu sehen, vom 20. Oktober an in Mannheim.
Als „Wermutstropfen“ bezeichnete es der Mannheimer Museendirektor Wiezcorek, dass der Irak keine Fundstücke beisteuerte. Dies sei wegen der derzeitigen politischen Situation im Land nicht umsetzbar gewesen, hieß es. Auch die Ausgrabungen vor Ort ruhen derzeit, obwohl bisher erst rund fünf Prozent des Stadtgebiets erschlossen sind.