Auto-Brandstiftungen: Chaostage in Charlottenburg
Mehr als 250 Fahrzeuge sind in diesem Jahr in Berlin schon in Flammen aufgegangen. Viele der Taten sind wohl politisch motiviert.
Berlin. Ehrhart Körting ist zornig. Es brennt in Berlin. Jetzt schon das vierte Mal binnen weniger Tage. Dabei steht dem Berliner Innensenator nicht der 1. Mai ins Haus, an dem es in Kreuzberg in beinahe chaotischer Tradition brennt.
Dieses Mal ist die Lage anders. Im bürgerlichen Charlottenburg, jenem Bezirk, in dem Körting selbst abends mal ein Bier trinkt, brennen Autos.
Unter anderem im gut situierten Ortsteil Westend und am großbürgerlichen Lietzensee waren in der Nacht zu Dienstag beinahe im Minutentakt Autos in Flammen aufgegangen — vorrangig Wagen der Ober- und der Luxusklasse. In der Nacht zu Mittwoch brannte es in Charlottenburg erneut. Dieses Mal zündeten Unbekannte 15 Fahrzeuge an.
Innensenator Körting ist jedenfalls aufgebracht über diese „schreckliche Serie“ von Brandanschlägen. „Als Bürger habe ich eine ungeheure Wut“, sagt SPD-Mann Körting, der aufpassen muss, dass seine Partei im laufenden Wahlkampf für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September nicht noch eine Debatte über mangelnde Sicherheit auf den Tisch bekommt.
Schon in der Nacht zum 12. Juli war die Polizei durch eine Serie von sechs Brandstiftungen — ebenfalls in Charlottenburg — wachgerüttelt worden. Insgesamt brannten seit Januar 250 Autos.
Etwa die Hälfte der Brandstiftungen stuft die Polizei als politisch motiviert durch Linksextremisten ein. Damit sind weit mehr Brandstiftungen mit politischem Hintergrund registriert als 2010, als 44 Autos brannten. Nun ermittelt der Staatsschutz.
Doch die Täter haben im mehrere tausend Kilometer großen Berliner Straßennetz ein nahezu unbegrenztes Feld. Körting will die Maßnahmen gegen die Feuerteufel „verstärken“ — weiß aber auch, dass er nicht in jede Straße Polizisten stellen kann.
Nach Angaben eines Polizeisprechers sind jede Nacht mehr als 100 Beamte — uniformiert und in Zivil — in der Stadt mit 3,4 Millionen Einwohnern unterwegs.
Körting vermutet, dass sich unter den Brandstiftern auch etliche Nachahmer tummeln. Die linksextremistische Szene habe mit ihren Brandanschlägen das Feld für Pyromanen in der Hauptstadt bereitet.
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist alarmiert. In der „Mitsprachestadt“, wie die Grünen im Wahlkampf die Stadt nennen, setzt Wowereit nun auf die Mithilfe der Bürger. Die Polizei könne nicht überall präsent sein.