Autobahn-Phantom gefasst
Jahrelang hatte ein Lkw-Fahrer auf Autotransporter gefeuert. 57-Jähriger sitzt jetzt in Haft.
Kall/Wiesbaden. Über 700 Mal feuerte er auf deutschen Autobahnen auf fahrende Lkw, am Ende gehörte der unbekannte Schütze zu den meist gesuchten Kriminellen des Landes.
Fünf Jahre nach der ersten Schüssen sind sich die Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) nun sicher, dass sie das Phantom endlich gefasst haben: Ein 57 Jahre alter Lastwagen-Fahrer aus der Eifel-Gemeinde Kall sitzt in Untersuchungshaft.
Wie ernst das BKA die rätselhafte Serie von Schüssen meist auf Autotransporter nahm, zeigte sich im vergangenen November. Damals machte BKA-Chef Jörg Ziercke den Fall öffentlich zur Chefsache: „Wir müssen diese Tatserie stoppen, bevor Schlimmeres passiert!“
Die Fahndung zu dem Fall präsentierte das BKA auf seiner Internetseite zwischen der Suche nach Terroristen. Als Belohnung für Hinweise wurden bis zu 100 000 Euro ausgesetzt.
Die Sorge der Ermittler wuchs damals noch einmal, weil der Täter im Jahr 2012 zu Munition größeren Kalibers wechselte. Zwar zielte er allem Anschein nicht auf die Fahrer, sondern auf transportierte Autos.
Doch auch in andere Wagen und Gebäude schlugen die Kugeln ein. Wie gefährlich die Schüsse waren, hatte sich 2009 gezeigt, als eine Autofahrerin bei Würzburg schwer am Hals verletzt wurde.
Wegen dieser Tat ist auch die Staatsanwaltschaft Würzburg für den Fall zuständig. Hier wurde der Verdächtige am Montag vernommen. Wie die Ermittler am Ende zum Erfolg kamen, darüber schwiegen sie zunächst ebenso wie über die möglichen Motive des Mannes.
Erst am Dienstag will BKA-Chef Ziercke Details nennen und Gegenstände präsentieren, die bei der Festnahme des Mannes in der Eifel-Gemeinde Kall gefunden wurden. In den vergangenen Monaten arbeiteten 90 Ermittler des BKA und aus fünf Bundesländern an dem Fall.
Dabei hatte die Polizei schon früher den richtigen Riecher und tippte auf einen Lasterfahrer als Täter. Die Flugbahn der Projektile legte nahe, dass die Schüsse während der Fahrt aus einem anderen Lkw in den Gegenverkehr abgefeuert wurden.
Da die Einschüsse meist erst am Fahrtziel entdeckt wurden, war der genaue Tatort stets unklar. Die Ermittler schickte selbst Lkw los und überwachten diese — vergeblich. Nach einem Bericht des Südwestrundfunks kam das BKA dem Verdächtigen dank versteckter Lesegeräte für Kennzeichen an den Autobahnen auf die Spur.
Bei jedem neuen Fall wurden die massenhaft erfassten Nummernschilder abgeglichen. Auch Mobilfunkdaten sollen ausgewertet worden sein. Sollte BKA-Chef Ziercke am Dienstag diese Angaben bestätigten, könnte der Fall die politische Diskussion über massenhafte Datenerfassung anheizen.