Bayreuth-Fans bei Hitze standhaft

Bayreuth (dpa) - Wer Wagner liebt, der leidet - nach diesem Motto bewahren die hartgesottenen Anhänger der Bayreuther Festspiele auch bei sengender Hitze Haltung in der Kleiderfrage.

In festlichen Roben und elegantem Smoking samt Fliege pilgern sie in diesen Tagen wieder auf den „Grünen Hügel“. Sie lassen sich selbst von 33 Grad Hitze die gute Laune nicht verderben und schwitzen lieber, als sich auch nur die geringste Blöße zu geben.

Doch längst nicht alle Fans des weltberühmten Opernfestivals sehen das so. Die Frauen der mutigen Art ziehen ein luftiges Sommerkleidchen an und schlüpfen barfuß ins Schuhwerk. Viele Herren der Schöpfung lassen das Sakko im Schrank und zeigen sich oben ohne - Krawatte oder Fliege braucht es bei dieser Bruthitze nicht.

Besonders leger tänzelte am frühen Donnerstagabend - es dürften immer noch knapp 30 Grad gewesen sein - O.A. Fleck aus Berlin um das Festspielhaus. Der Richard-Wagner-Fan trug das bis zur Brust offene weiße Leinenhemd mit dunkler Sonnenbrille in der Knopfleiste über der beigen Hose. „Eigentlich wollte ich meine Karte verkaufen, bin sie aber nicht losgeworden“, gestand der braun gebrannte ältere Mann. „So bin ich halt doch selbst gegangen, hatte aber keine Zeit mehr zum Umziehen.“ Normalerweise geht der bekennende Bayreuth-Fan aber im Anzug zur Vorstellung - „aus Respekt vor den anderen Besuchern“.

Offenes Hemd kommt für Thomas de Lede (55) aus Solingen nicht infrage. Er ist formvollendet im Frack erschienen und zeigt nicht die Spur von Hitzeanfälligkeit. „Geschwitzt habe ich schon heute Morgen beim Joggen“, verrät der athletisch aussehende 1,90-Meter-Typ. „Jetzt bin ich ganz entspannt. Ich muss mich ja nicht mehr anstrengen.“ Seine gertenschlanke Frau Sabaha (49) - elegante Erscheinung im geschlitzten langen schwarzen Kleid, Perlenkette um den Hals, High Heels an den Füßen - meint: „Zu Festspielen gehört festliche Kleidung. Ich zeige damit meinen Respekt vor den Darstellern.“

Auch die Kanzlerin machte am Donnerstag keine Zugeständnisse an die tropischen Temperaturen: Im eng anliegenden langen schwarzen Kleid verfolgte Angela Merkel - nach der Eröffnung vom Mittwoch privater Gast des Festivals - die Aufführung von Richard Wagners „Tristan und Isolde“. Nur ihr Mann Joachim Sauer genehmigte sich im stickig-heißen Parkett „hitzefrei“ und zog die Smokingjacke aus.

Bei so viel schweißtreibender Hitze darf's gerne ein bisschen mehr Parfüm sein. Im Zuschauerraum mischen sich die unterschiedlichsten Düfte. Kräftig-süße Töne konkurrieren mit leicht-herben Noten - nur ja nicht nach Schweiß riechen heißt die Devise. Draußen weht zwar der appetitanregende Wind von fränkischen Bratwürsten - das Paar in der Semmel fünf Euro. Doch viele entscheiden sich bei der Hitze lieber für ein kühlendes Eis.

Festspielleiterin Katharina Wagner dachte am Freitag mehr an ihr Personal: „Das Wetter macht vielen Leuten zu schaffen. Und im Orchestergraben potenziert sich die Hitze noch einmal.“ Die Musiker haben während des Spiels keine Hand frei zum Fächern. Doch für viele Gäste ist ein verzierter Fächer ein wichtiges Accessoire. Und wer keinen hat, verschafft sich wenigstens mit dem Programmheft wedelnd ein wenig Luft - doch frische Luft riecht anders.