Beckmann entlässt sich selbst
ARD-Talker kommt dem Aus für seine Sendung zuvor: „Schluss mit dem Gequatsche über zu viel Gequatsche“.
Hamburg. Ein fast eleganter Abgang mit feinem Timing: Reinhold Beckmann gibt seinen ARD-Talk nach 14 Jahren zum Jahresende 2014 auf — anscheinend aus eigenem Antrieb. Vor drei Wochen hat der 57-Jährige seine Entscheidung dem ARD-Vorsitzenden Lutz Marmor im persönlichen Gespräch mitgeteilt. Dieser sagte Sonntag dazu: „Es ist völlig nachvollziehbar, dass Reinhold Beckmann nach 15 Jahren etwas Neues für uns machen möchte, zumal er die ständigen Diskussionen über die Talkshows ermüdend findet. Dieses Gefühl teile ich.“
Ebenfalls Sonntag erschien passend ein Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS): Er sei das „Gequatsche über zu viel Gequatsche“ leid.
Allerdings ist Reinhold Beckmann den Intendanten der ARD-Sender wahrscheinlich nur zuvorgekommen, denn die wollten bei ihrem Treffen am Montag nach Meinung von Experten sowieso das Ende seines Talks — und eventuell eines weiteren — beschließen.
Seit Günther Jauch im Herbst 2011 seinen Einstand als ARD-Talker gegeben hat, brandet in- und extern immer wieder die Diskussion darüber auf, dass fünf reichlich ähnliche Plauderrunden zwischen Sonntag und Donnerstag wohl doch zu viel fürs Erste sind. Aber kein federführender Sender, sprich NDR und WDR, wollte auch nur auf eine Talkshow aus seinem Zuständigkeitsbereich freiwillig verzichten.
Trotzdem war klar: Wenn einer gehen muss, dann Beckmann. Die Quoten sind miserabel, seitdem er auf den Donnerstag umziehen und gegen die ZDF-Konkurrenten Maybrit Illner und Markus Lanz senden muss. Entsprechend schlecht sind die Umfragewerte. Vor knapp zwei Wochen fand wieder einmal eine Mehrheit, dass man auf Beckmanns gefühlige Fragen am ehesten verzichten könne.
Mit einer gewissen Verbitterung merkt der Moderator an, seinem Gefühl nach gehe es „bei der Bewertung der Talkshows in der ARD nicht um Qualität, sondern nur um die Frage, welche Sendeanstalt wie viele Talkshows habe“. Und er wolle nicht „Gegenstand eines senderpolitischen Ablass- oder Kuhhandels werden“, sagte er der „FAS“.
Denn in der Zerreißprobe um die Sender-Pfründe und unter dem Druck durch die Rundfunkräte zeichnete sich laut „Spiegel“ zuletzt ein Art von Talk-Sharing ab. Danach hätte sich Anne Will den Mittwochabend mit Reinhold Beckmann im wöchentlichen Wechsel teilen sollen. Diese verquere Variante hat sich immerhin erledigt.
Nach seinem Abgang wird der WDR mit Frank Plasbergs „hart aber fair“ am Montag und „Menschen bei Maischberger“ am Dienstag zwei Formate haben und der NDR mit „Günther Jauch“ am Sonntag und „Anne Will“ am Mittwoch ebenfalls zwei.
Reinhold Beckman aber, der immer auch einen eigenen Kopf hatte, kann sich erhobenen Hauptes neuen Aufgaben, insbesondere in der Produktion, zuwenden. Ideen für den Bereich Fußball und Show hat er schon.