Beispiel Siegen zeigt: Ohne die Telekom steht vieles still
Notrufe sind teilweise wieder erreichbar. Kreis Siegen denkt über Alternativen bei den Anbietern nach.
Siegen/Düsseldorf. Noch bis Donnerstag ist die Telekommunikation im Kreis Siegen-Wittgenstein stark eingeschränkt. Ein Brand in der Telekom-Vermittlungsstelle am Montag hat das System in der Region fast zum Erliegen gebracht.
Für die Einsatzkräfte in Siegen der technische Super-Gau: Vor allem die Notrufe 110 und 112 waren zwar zunächst gar nicht, später nur teilweise oder über alternativ eingerichtete Handynummern zu erreichen. Das NRW-Innenministerium löste einen Notfallplan aus.
Was nun in Siegen eingetreten ist, kann theoretisch in jeder Region Deutschlands passieren. Immer mehr Menschen sind von Telefon und Internet abhängig. Doch oft gilt: Je höher entwickelt die Technik ist, desto größer sind die Folgen, wenn sie ausfällt. Nach Telekom-Angaben waren in Siegen 90 000 Menschen betroffen, in Ballungsräumen von NRW könnten es weit mehr sein.
Neben dem wirtschaftlichem Schaden ist ein derartiger Ausfall vor allem eine Sicherheitsfrage. Für den aktuellen Fall steht mittlerweile fest, dass Kriminelle den Ausnahmezustand nicht ausnutzen konnten. „Da das Szenario nicht undenkbar ist, hatten wir einen Notfallplan, der umgehend gegriffen hat“, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums.
Rund 150 Polizisten, darunter auch Wuppertaler, seien kurzfristig nach Siegen verlegt worden, um dort auf den Straßen verstärkt Präsenz zu zeigen. „Bislang sind keine Schadensfälle bekannt“, heißt es. Weiteren Handlungsbedarf sieht man im Innenministerium nicht. „Der Brand ist ein Unglücksfall, wie er nicht komplett auszuschließen ist.“
Derweil gibt es im Kreis Siegen-Wittgenstein Kritik an der Telekom: „Wir können uns nicht von einem Anbieter abhängig machen“, zitiert die Siegener Zeitung den Sicherheitsdezernenten Henning Setzer. Doch das ist bei der aktuellen Infrastruktur nur teilweise umsetzbar.
Zwar können sich Firmen und Behörden beim Funksystem und im Mobilfunk über Alternativen absichern. Doch alles, was über Festnetze im Erdreich fließt, hängt zwangsläufig an der Telekom. „Für Konkurrenten ist es einfach zu teuer, eine zweite Kabel-Infrastruktur neben der der Telekom zu bauen“, erklärt René Henn, Sprecher der Bundesnetzagentur für den Bereich Telekommunikation. Deshalb laufen alle Daten über Telekomnetze.
„Letztlich ist es auch sinnvoll, dass die Infrastruktur in einer Hand liegt — wie beim Wasser“, sagt Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten, in dem sich die Telekom-Konkurrenten zusammengeschlossen haben.
Zudem komme man um das Telekomnetz derzeit nicht herum, da die Nachfrage nach einem neuen Glasfasernetz in Deutschland nicht groß genug sei, als dass sich die Investitionen für die Telekom-Konkurrenten lohnen würden. Manche Firmen hätten sich deshalb über zusätzliche Satellitenverbindungen abgesichert.