„Bergen wird die Würde genommen“
Die Wuppertalerin Marianne Blachetta (83) reiste oft in den Himalaya. Sie kritisiert den zunehmenden Kommerz.
Wuppertal/Kathmandu. Wenn sie die aktuellen Bilder vom Bergsteigerstau am Mount Everest sieht, kann Marianne Blachetta nur mit dem Kopf schütteln. „Den Bergen wird so die Würde genommen“, urteilt die 83-jährige Wuppertalerin, die die Höhen des Himalaya selbst Jahrzehnte lang bereiste. „Heute muss man sich den Berg nicht mehr erkämpfen, man wird hochgetragen“, wettert die studierte Geologin über die Kommerzialisierung am höchsten Gipfel der Erde.
Sie selbst hat die Leidenschaft für fremde Länder bereits Anfang der 50er Jahre entdeckt, baute für zwei Jahre ab 1960 im Dienste des Auswärtigen Amtes die Außenstelle des Deutschen akademischen Auslandsdienstes (DAAD) in der indischen Hauptstadt Delhi mit auf. Es folgten Reisen in den Dschungel, durch die Sahara, ins östlichste Asien und immer wieder auf die heiligen Höhen der Nepalesen, die Spitzen des Himalaya.
Türöffner waren während ihrer Zeit in Delhi die indischen Expeditionen zu den Achttausendern. Während der Vorbereitung auf die Besteigung des komplizierten Berges Annapurna (8091 Meter hoch) entstand 1961 die Freundschaft zum Expeditionsleiter M.S. Kohli, der 1965 als erster Inder auf dem Everest stehen sollte. Über den Inder kam Blachetta, selbst erfahrene Hochalpinistin, noch stärker mit den Völkern rund um die Achttausender in Kontakt. Selbst erklomm sie die hohen Gipfel aus gesundheitlichen Gründen nie.
„Einst wurden die Berge wie Götter verehrt, heute verdienen die Sherpas damit ihr Geld“, sagt Blachetta. Wobei der Begriff Sherpa mittlerweile nicht mehr zutreffe. „Am Anfang waren es nur Träger vom Stamm der Sherpa — heute nennen sich alle nepalesischen Träger so“, sagt die Wuppertalerin, die sich bis heute in der deutsch-bhutanischen Gesellschaft engagiert. Anfangs habe es noch Anfeindungen untereinander gegeben, doch heute würden in Nepal alle daran verdienen, dass auch in dieser Saison wieder Hunderte Touristen die Basislager bevölkerten.
Den bekanntesten aller Sherpas, den Everest-Erstbesteiger Tenzing Norgay hätte sie dafür einmal fast in ihrem eigenen Basislager in Wuppertal bewirten können. Der weltberühmte Nepalese war mit Kohli auf Europareise und meldete sich per Eilbrief aus dem schweizerischen Zürich an. Doch es blieb beim Versuch: Blachetta war selbst auf Reisen und kam zu spät zurück, um auf das Schreiben zu antworten. Was bleibt, ist ein persönliches Dokument mit der Unterschrift des Mannes, der mit Edmund Hillary als erster auf dem Dach der Welt war.